Von Hannah Zeißler
Höxter. Ob Erdrutsch, Hauseinsturz, Explosion oder Hochwasser - neben den Kindheitshelden Polizei und Feuerwehr gibt es auch noch eine andere Organisation, die oft mit dabei ist und genauso wichtige Arbeit macht. Das Technische Hilfswerk (THW) leistet seit 70 Jahren zuverlässig technische Hilfe im Zivil- und Katastrophenschutz. Allerdings gerät das THW im Alltag oft in Vergessenheit und wird meistens erst wahrgenommen, wenn es zum Einsatz kommt:
Denn was haben das Volksfest „Annentag“ in Brakel und die Oktoberwoche in Warburg gemeinsam? Bei beiden Veranstaltungen war das THW in Form des Ortsverbandes Höxter zur Stelle. Einmal haben sie die Ausleuchtung der Fluchtwege übernommen und ein anderes Mal gewährleisteten die Einsatzkräfte mit dem Ortsverband Warburg die Beleuchtung und die Absicherung des Abschussplatzes vom Feuerwerk.
Vielseitige Einsatzmöglichkeiten
Aufgrund der weitgefächerten Einsatzmöglichkeiten beim THW gibt es Fachgruppen, die auf bestimmte Probleme spezialisiert sind und genauso verschieden sind auch die Menschen, die sich in der Einsatzorganisation engagieren. Ob man lieber organisiert, handwerkliches Können besitzt oder eher technisches Verständnis hat, alle Charaktereigenschaften werden abgedeckt. Beispiele dafür ist die „Fachgruppe Führung/Kommunikation“, die die Einsatzleitung unterstützt und Absprachen mit anderen Führungsstellen und unterstellten Einheiten hält, und die „Fachgruppe Elektroversorgung“, die die Zivilbevölkerung mit Notstrom versorgen und technische Geräte innerhalb von kurzer Zeit Instand setzen können. Darüber hinaus werden in anderen Fachgruppen Brücken für Autos oder Fußgänger gebaut, (Ab-)Wassersysteme konstruiert, verschüttete Personen gerettet, gezielte Sprengungen zur Brandbekämpfung durchgeführt oder Trümmer und Hindernisse mit PS-starken Maschinen geräumt.
Unabhängig der Fachgruppen gibt es in jedem Ortsverband zusätzlich einen Bergungstrupp, der ein breites Aufgabenfeld hat, und einen Zugtrupp, der die Einsatzleitung unterstützt und den Einsatz mit koordiniert. Seit September letzten Jahres wurde außerdem die „Fachgruppe Notinstandsetzung/Notversorgung“ eingeführt. „Das Technische Hilfswerk hat die Fähigkeiten an die aktuellen Anforderungen an den Zivil- und Katastrophenschutz angepasst. Die Bereiche „Notinstandsetzung/Notversorgung“ sowie die „Planung und Organisation“ stehen in Hinblick auf kritische Infrastrukturen dabei stärker im Fokus“, erklärt Thorsten Götz, Ortsbeauftragter des Ortsverbandes Höxter.
Dank der einheitlichen Ausstattung und derselben Grundausbildung können die unterschiedlichen Einheiten bundesweit zusammengeführt und eingesetzt werden.
Neben den Fachgruppen gibt es auch noch Einsatzmöglichkeiten im Ausland. Die „Blauen Engel“ sind mit anderen Organisationen wie der EU und UN eng vernetzt und hilft bei deren Projekten im Auftrag der Bunderegierung. So gehörten schon Infrastrukturprojekte in Flüchtlingscamps und Unterstützung beim Aufbau von Katastrophenschutzsystemen zu ihren Aufgaben und waren seit ihrer Gründung 1950 in mehr als 130 Ländern im Einsatz.
Mehr Mitglieder wären wünschenswert
Das Technische Hilfswerk ist die einzige Bundesanstalt, die sich stark auf das Ehrenamt gründet. Das sieht man daran, dass nur ungefähr 1% der Gesamtstärke auf Hauptamtlichen beruht. In Zahlen sind das etwa 1200 Hauptamtliche und rund 80.000 ehrenamtliche Mitarbeiter. Um noch weitere Menschen hinzu zu gewinnen wird Werbung gemacht. Beispielsweise informierte der ehemalige THW-Präsident Albrecht Broemme über das THW auf einer Veranstaltung für ehrenamtlich Verantwortung tragende Jugendliche, der 66. Young Leaders Akademie, und stand anschließend mit der Geschäftsführerin der THW-Stiftung Dr. Cornelia Lawrenz den Jugendlichen Rede und Antwort auf dem Jugendpressekongress. Der ehemalige THW-Präsident hofft, dass sich noch einige Menschen motivieren lassen, dem THW beizutreten. „Wer sich ehrenamtlich engagiert, lebt nachweislich sechs Jahre länger“, argumentiert er. Auch im Ortverband Höxter teilt man diese Hoffnung, denn es kommen immer weniger Menschen hinzu. Einen Grund dafür sieht Thorsten Götz in der Wehrpflichtaussetzung 2011. Damit fallen die Menschen weg, die einen Ersatzdienst beim THW leisteten. Des Weiteren gibt es weniger Zeit im Alltag und die Bevölkerung geht anderen Interessen nach. Dabei ist „miteinander für einander da sein sehr wichtig“, findet Thorsten Götz. Unterstützt würde das Ehrenamt in der Regel sogar durch den Arbeitgeber, da man für die Ausbildung und die Einsätze freigestellt wird.
Besonders Frauen und Mädchen sollen dazu ermutigt werden, zum THW zu kommen, denn der Frauenanteil ist doch noch gering. „Ich merke keinen Unterschied in der Arbeit, man hilft sich gegenseitig und wenn jemand Hilfe benötigt, dann packt man halt da mit an“, argumentiert Sabrina Heidrich, eine der 17 weiblichen Personen von 113 Mitgliedern in Höxter.
Nicht nur Positives
Sich für das THW zu engagieren, bedeutet sich vielseitigen Aufgaben zu stellen und nicht nur handwerklich einiges für das Leben zu lernen. Man lernt viele neue Organisationen und Menschen kennen, die alle mindestens ein gemeinsames Interesse haben: Helfen.
Aber nicht alles ist immer positiv. „Die Einsätze sind nicht planbar und fordern sehr viel Flexibilität. Da kann es häufig vorkommen, dass die Familie und die Hobbies hinten anstehen müssen“, gesteht Thorsten Götz. Wenn man sich im Katastrophenschutz engagiert, bedeutet das auch, schlimme Situationen zu sehen und diese auch verarbeiten können zu müssen. „Gerade, wenn es betroffene Menschen gibt, dann belastet es schon eher“, sagt Sabrina Heidrich. „Aber es gibt auch ein Einsatznachsorgeteam, die mit uns sprechen. Und man hilft sich gegenseitig“.
Nachwuchs in der THW-Jugend
Rund 15.000 Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 17 Jahren verbringen ihre Freizeit in den Jugendgruppen des THW. Dort lernen sie den Umgang mit Technik sowie Teamgeist und Verantwortungsbewusstsein, aber auch die Vermittlung von Werten wie Toleranz, Hilfsbereitschaft und Weltoffenheit spielt eine wichtige Rolle. Außerhalb der Ausbildung gibt es mit den Bundesjugendlagern, Bundeswettkämpfen und vielen anderen gemeinsamen Aktivitäten viel Spaß. Ein Problem gibt es allerdings: „Manche Kinder fangen schon mit sieben Jahren bei uns an und können aber erst mit 17 Jahren die Grundausbildung machen. Aufgrund der langen Überbrückungszeit passiert es leider manchmal, dass die Kinder dann das Interesse verlieren“, schildert Thorsten Götz.
Wer sich für das THW interessiert, kann sich auf der Homepage www.thw.de weiter informieren oder Kontakt zu einem der 668 Ortsverbände deutschlandweit aufnehmen.
Fotos: THW