Kreise Höxter/Holzminden/Northeim-Einbeck/Kassel (red). Die Bundesregierung plant, ein zentrales atomares Bereitstellungslager im Dreiländereck gelegenen Standort Würgassen zu errichten. Bei der Auswahl des Standortes wurden sowohl geologische Lage und Ausweisung als Hochwassergebiet, mangelnder Abstand des Lagers zur Wohnbebauung noch die unzureichende Verkehrsinfrastruktur für die Anbindung des Standortes ignoriert. Die jüngsten extremen Unwetter und Hochwasser im Westen, Süden und Osten Deutschlands zeigen, dass bisherige Schutzmaßnahmen der Bürger*innen vor zunehmenden Extremwettern und Klimaschäden nicht ausreichen. Dies gilt auch und insbesondere für das beabsichtigte Zwischenlager in Würgassen.
Bei ihrem gestrigen Besuch in Würgassen machten sich der ehemalige Bundesumweltminister und Bundestagsabgeordneter Jürgen Trittin, Bundestagskandidat Helge Limburg für den Kreis Holzminden und Bundestagskandidat Nik Riesmeier für den Kreis Höxter nochmal ein Bild der geologischen Lage vor Ort. „Der geplante Standort im Dreiländereck liegt inmitten eines Weserbogens mit linksseitigem, stark ansteigendem Berghang (Prallhang) und im direkten Einzugsgebiet der Flüsse Werra, Fulda und Diemel. Aktuelle Kartierungen weisen Teile des geplanten Baugrunds als hochwassergefährdet aus.“ kommentiert Nik Riesmeier, Bundestagskandidat für den Wahlkreis Höxter, Gütersloh III und Lippe II. Mit dem Bau der geplanten Lagerhalle ist die Aufschüttung eines ca. 80.000 m2 großen Areals verbunden. Damit würde wichtige Retentionsfläche vernichtet, welche jedoch m Fall einer anrollenden Flutwelle und auch bei extremem Hochwasser als wichtiger Puffer dient. Nur durch die Möglichkeit der Verteilung der Wassermassen in der Fläche kann der Pegel der Weser möglichst niedrig gehalten werden.
Helge Limburg, Bundestagskandidat für den direkt an den Standort angrenzenden Landkreis Holzminden: „Es muss hinterfragt werden, welche Auswirkungen Wetter-Extreme auf das zentrale Bereitstellungslager und Umgebung haben würde. Auf Pfählen errichtet, könnte ausgespülter Bodengrund, welcher laut Bodengutachten der BGZ aus Setzlehm und Weserkies besteht, verheerende Folgen für den Ort haben. Ebenso muss ein potenzieller Bruch der Staumauern von Edertalsperre und Diemeltalsperre mit betrachtet und bewertet werden.
Der mangelhafte Hochwasserschutz ist einer von vielen Kritikpunkten am Standort Würgassen. Auch der in den Anforderungen der Entsorgungskommission zur Zwischenlagerung für schwach- und mittelradioaktive Abfälle geforderte Abstand von 350 m zur Wohnbebauung wird in Würgassen nicht eingehalten. Fest steht, dass bei der von der BGZ durchgeführten Standortsuche kein Vergleich unter Einbezug von qualifizierten Aspekten wie der Transportsicherheit, dem Bevölkerungs- und Strahlenschutz, sowie den zu erwartenden Betriebs- und Transportkosten stattgefunden hat. „Einen Standort zu wählen, welcher mehrfach gegen die Vorgaben der ESK verstößt, um erst im Nachgang dessen Eignung und Sicherheit nachweisen zu wollen, ohne ein transparentes Auswahlverfahren nach zuvor festgelegten, umfangreichen Sachkriterien durchgeführt zu haben, wird der Verantwortung der Aufgabe nicht gerecht.
Gerade wenn man von der Notwendigkeit eines Bereitstellungslagers für schwach und mittelaktiven Abfall überzeugt ist, kann man über die Planungsleistungen des Bundesumweltministeriums und der BGZ nur den Kopf schütteln.“, so Bundestagsabgeordneter Jürgen Trittin aus Göttingen.
Nicht zuletzt erfüllt Würgassen die für ein Logistikzentrum wichtige Anforderung der schnellen und einfachen Erreichbarkeit durch eine verkehrsgünstige Lage eindeutig nicht: Der Standort an der Weser wäre mit entsprechenden Hafenanlagen nur gut geeignet, wenn die einzulagernden Behälter per Schiff angeliefert würden. Für die vorgesehene Anlieferung per LKW und Bahn ist der verkehrsinfrastrukturell sehr schlecht angebundene Standort in Würgassen kaum geeignet. Würgassen ist per Bahn nur durch eine aufgelassene eingleisige Strecke zu erreichen, per Straße geht es zwischen 38 km und 60 km über Land teilweise steil bergab, zudem häufig durch enge Ortsdurchfahrten. Eine Entscheidung für Würgassen im Dreiländereck als Standort für ein zentrales atomares Bereitstellungslager ist rational nicht zu begründen. Sie erscheint deshalb rein politisch motiviert zu sein und birgt ein großes Gefahrenpotential für die gesamte Region.
Foto: Die Grünen