Höxter (TKu). Versteckt hinter hohen Klostermauern erstreckt sich das 20.000 Quadratmeter große Areal, das momentan für die Landesgartenschau 2023 ertüchtigt wird. Er gilt laut dem Landesgartenschau-Archäologen Ralf Mahytka, der die Erdarbeiten archäologisch begleitet, als „historisch wertvoll“. In den unzähligen Bodenschichten sind Zeugnisse aus vielen Jahrhunderten konserviert, denn in den vergangenen 1200 Jahren seit Gründung des Klosters habe sich hier viel abgespielt, wie der Archäologe berichtet. Es gibt auch neue Erkenntnisse, die durch die Befunde von Gräbern mit menschlichen Überresten gemacht wurden. Die Trefferquote, im Remtergarten auf historische Überreste zu stoßen, sei hoch laut Ralf Mahytka. Dabei sucht der von der Landesgartenschau-Gesellschaft beauftragte Archäologe hier gar nicht gezielt nach Objekten, er begleitet lediglich die LGS-Baumaßnahmen auf dem Gelände, damit kein Bodendenkmal bei den Erdarbeiten zerstört wird. Bevor im Remtergarten Bäume gepflanzt, Wege verlegt und spezielle Gärten für das ganz besondere Ambiente entstehen, muss viel Erde bewegt werden. Das alles geschieht unter genauer Archäologischer Beobachtung, denn das sei auch die Auflage der Denkmalbehörde, wenn mehr als 30 Zentimeter Bodentiefe an einem historischen Ort wie diesem abgetragen werde, so der Archäologe, der mit der Begleitung der Baumaßnahmen beauftragt ist.
Wenn etwas im Boden gefunden wird, darf es nicht entnommen werden. Die Erdarbeiten würden dann laut Ralf Mahytka entsprechend angepasst. 19 Bäume sollen auf dem Gelände neu gepflanzt werden und somit müssen 19 tiefe Baumgruben ausgehoben werden. Für jede Baumpflanzgrube hat die LGS-Gesellschaft zwei alternative Standorte festgelegt, falls etwas im Boden gefunden wird. Zwar handele es sich dabei nicht immer um spektakuläre Befunde, dafür aber um Bodendenkmäler, die erhaltenswert sind. Bei einigen Grubenstandorten konnte erst für die dritte Stelle grünes Licht für die Pflanzung eines Baumes gegeben werden. Mit den Alternativ-Pflanzgruben wurden bislang 25 Baumpflanzgruben geöffnet, wobei in 20 Gruben archäologische Überreste zu finden waren. Der Aushub werde dann sofort gestoppt, an der Oberkante ist auch für die Archäologen Schluss. Der Fund wird daraufhin dokumentiert und die Grube verfüllt, um das Denkmal im Boden nicht zu zerstören. Gefunden wurden bislang unter anderem Mauerreste, ein vermutetes Straßenpflaster, ein Brunnen, eine Steinaufschüttung, mehrere Grabstätten sowie zahlreiche Kleinfunde wie Tonscherben oder Tierknochen. Am Interessantesten erwiesen sich jedoch die Gräber, die bis zu 40 Meter außerhalb des heutigen Kloster-Friedhofes freigelegt wurden. Diese Erkenntnis sei neu. Bei den Gräbern handelt es sich um eingefasste Gräber mit Sandsteinplatten als Umrandung, die wie christliche Gräber damals üblich, nach Ost-West ausgerichtet waren. Die Verstorbenen, dessen Überreste noch im Boden vorhanden sind, könnten laut Mahytka mit dem Kloster oder der Stadt Corvey in Verbindung gestanden haben. Genau datieren könne man die Grabstätten jedoch nicht. Möglich wäre eine Datierung beispielsweise mit Hilfe der sogenannten Radiokarbonmethode, die anhand der Zähne der Verstorbenen ermittelt würde. Dies sei aber vorerst nicht angedacht, so der Archäologe.
Die zehn gefundenen Gräber befinden sich vor und hinter freigelegten Mauerresten, die eine später angelegte Friedhofsmauer sein könnte und dessen Verlauf den Archäologen sehr interessiert. Während des Pressetermins war Grabungshelfer Gerd Dohmen auf eine Keramikscherbe gestoßen, die Ralf Mahytka auf das 16. oder 17. Jahrhundert datiert hat. Solche Funde kämen nach Aussage Mahytkas häufiger vor. Die bislang älteste gefundene Keramikscherbe stamme aus dem 9. Jahrhundert, also aus der Zeit der Gründung des Klosters Corvey nach 822, so Mahytka, der neben Gerd Dohmen von zwei weiteren Grabungshelfern unterstützt wird. Auch der Landschaftsverband Westfalen-Lippe ist vor Ort und scannt den Remtergarten mit einem Bodenradar ab. Damit können Überreste in der Erde aufgespürt werden, ohne das man sie ausgraben muss. Ob im Remtergarten mehrere Gebäude gestanden haben, das sei laut Mahytka die große Frage. Eventuell könnte sich hier ein Hospital befunden haben, was archäologisch aber nicht nachgewiesen ist. Auf dem Klostergelände habe sich möglicherweise auch der Königshof (Pfalz) befunden, wo die Könige mit ihren Hofstaaten, Soldaten und vielen weiteren Begleitern einkehrten, was als sogenanntes „Reisekönigtum“ bekannt und was typisch für das Mittelalter war. Die Könige seien damals von einer Königspfalz zur nächsten gezogen. Überliefert sind 100 wichtige Königsbesuche in Corvey zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert. Ob es sich bei dem Gelände um eine ehemalige Königspfalz handelt, sei leider auch nicht mit Sicherheit zu sagen, es werde lediglich vermutet. Bis der Remtergarten im vollen Glanz erstrahlt, wird noch etwas mehr als ein Jahr vergehen, was noch viel Arbeit für den 47-jährigen Archäologen Ralf Mahytka bedeutet, der in Wewelsburg bei Paderborn und mittlerweile auch in Höxter beheimatet ist.
Fotos: Thomas Kube