Kreis Höxter (red). „In Deutschland wird zwar viel über Digitalisierung gesprochen, aber es passiert oftmals zu wenig. Umso mehr freue ich mich, dass unser Berufskolleg Kreis Höxter gemeinsam mit den Berufsbildenden Schulen Holzminden nun ein bundesweites Modellprojekt umsetzen kann“, sagt Landrat Michael Stickeln. Gemeinsam mit Schulleiter Michael Urhahne bringt er seine Erleichterung zum Ausdruck, dass der Projektantrag nach langer Wartezeit genehmigt wurde und nun 1,5 Millionen Euro in das länderübergreifende Vorhaben „Vernetzte Zukunftslabore Digitalisierung“ fließen.
„In der Wirtschaftsregion Höxter/Holzminden wird damit ein Leuchtturm für berufliche Bildung entstehen“, gerät Stickeln ins Schwärmen. „Wir können die günstigen Rahmenbedingungen für eine länderübergreifende Zusammenarbeit sehr gut nutzen. Dabei entstehen Synergien aufgrund der enormen Vielfalt und der hohen Spezialisierung der Ausbildungsberufe.“ Das sei eine notwendige Reaktion auf die in vielen Berufsfeldern hohe Dynamik technischer und digitaler Entwicklungen. „Die Stärkung der beruflichen Handlungskompetenz der Schülerinnen und Schüler durch Digitalisierung sowie interdisziplinäres Arbeiten stehen dabei klar im Fokus“, so Stickeln.
„Es war schon ein hartes Stück Arbeit, unsere gemeinsame Vision in die Tat umzusetzen“, erinnern die beiden Schulleiter Michael Urhahne vom Berufskolleg Kreis Höxter und Andreas Hölzchen von den Berufsbildenden Schulen Holzminden an die Antragsphase, in der sie einen langen Atem beweisen mussten. „Die Genehmigung ist eine großartige Nachricht für die Region. Unser Dank gilt an dieser Stelle ganz besonders Professorin Alexandra Engel vom Zukunftszentrum, die sich mit vorbildlichem Engagement für die Verwirklichung eingesetzt hat.“ Genehmigt wurde das länderübergreifende Vorhaben „Vernetzte Zukunftslabore Digitalisierung“ von der Steuergruppe der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, finanziert wird es aus dem DigitalPakt Schule. Damit kann jetzt die Umsetzungsphase starten, die Laufzeit des Projektes geht bis 2025.
Von der Idee zur Marktreife
„Im digitalen Zukunftslabor arbeiten Schülerinnen und Schülern aus den Bereichen Industrie, Handwerk, Wirtschaft und Soziales einschließlich Pflege künftig interdisziplinär zusammen – und das länderübergreifend“, erläutert Kreisdirektor Klaus Schumacher. Neben dem Schwerpunkt Automatisierungstechnik am Berufskolleg Kreis Höxter und dem Schwerpunkt der Augmented Reality- und Virtual Reality-Technologien an der BBS Holzminden werden die Bereiche Informationstechnik, das Berufsfeld Wirtschaft, das Kompetenzteam Produktdesign und die Berufsfelder Gesundheit/Pflege/Sozialpädagogik eingebunden. „Jährlich zwei Projekte werden von der Produktidee bis zur Marktreife von den Schülerinnen und Schülern vollständig entwickelt und in die Realität umgesetzt“, so Schumacher. „Dieser Prozess schult in hohem Maße die Kompetenzen, die im 21. Jahrhundert erwartet werden: Neben einem kompetenten Umgang mit Medien, Technologien, Informationen und Daten erlernen und vertiefen sie virtuelle und persönliche Kommunikation und Teamarbeit.“
„Im gesamten Prozess sind kreative Problemlösungen, Innovationen und kritisches Denken fester Bestandteil des Projektes. Die gemeinsame Fertigstellung eines marktfähigen Produktes ist das Ziel“, erklärt Schulleiter Michael Urhahne und ergänzt: „Am Standort Brakel wird insbesondere die Fachschule Technik mit dem Schwerpunkt Digitale Produktionstechnik in das Projekt eingebunden sein. Auch Erfahrungen im AR-/VR-Bereich aus unserer dualen Ausbildung fließen mit ein.“ Am Berufskolleg Kreis Höxter werden insgesamt 825.000 Euro in die Ausstattung des Digitalisierungslabors investiert, davon muss ein Eigenanteil in Höhe von zehn Prozent geleistet werden.
Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt durch die Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe und die Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) Holzminden sowie projektbezogen weitere Wissenschaftspartner. Das länderübergreifende Zukunftszentrum der beiden Hochschulen (ZZHH), vertreten durch Professorin Alexandra Engel, koordiniert diese Prozesse und unterstützt die beiden berufsbildenden Schulen. In der Entwicklungsphase bis hin zur Antragstellung hat sich auch der Verein Wirtschaftsinitiative im Kreis Höxter zur Verbesserung der Ausbildungs- und Fachkräftesituation (WIH e.V.) intensiv eingebracht. Vorsitzender Mark Becker sieht in der länderübergreifenden Kooperation große Chancen: „Es ist für die heimischen Unternehmen sehr wertvoll, dass hier die Ländergrenze keine Rolle spielt und die jungen Menschen standortnah erstklassig ausgebildet werden können. In beiden Berufskollegs hat die Zukunft längst begonnen!“
Bundesweit die Nase vorn
Mit der Investition beider Länder in die digitalen Bildungsstrukturen der Wirtschaftsregion Höxter/Holzminden soll die Region nicht nur gestärkt werden, sondern auch Blaupause für andere Regionen Deutschlands sein. „Ich bin sehr froh, dass wir erneut unter Beweis stellen können, welche Innovationskraft unsere Region aufbringen kann“, sagt CDU-Landtagsabgeordneter Matthias Goeken, der sich mit aller Kraft für die Bewilligung der Fördergelder stark gemacht hat. „Mich begeistert der Ansatz, dass die Schülerinnen und Schüler ganz konkret werden und die digitalen Innovationen praktisch anwenden. Es ist doch klasse, wenn sie die Möglichkeit haben, über eine digitale Plattform Produktidee, Design, Materialbeschaffung und den Bau eines Prototyps in einer Projektarbeit zu entwickeln und die Anwendung des Produkts dann den Nutzern über eine selbsterstellte App zu erklären.“
Die unterschiedlichen Kompetenzen der Berufsschulen in Brakel, Höxter und Holzminden zu verknüpfen, sei wegweisend und ein Paradebeispiel dafür, dass innovative Ideen und länderübergreifende Kooperationen wichtige Schritte für eine erfolgreiche digitalisierte Zukunft darstellen. „Ich bin mir sicher, dass nach erfolgreichem Abschluss des Projektes Anfragen aus der ganzen Bundesrepublik eingehen, wie wir das hier gemacht haben“, so Goeken, der – wie Landrat Michael Stickeln – die Strahlkraft dieses Leuchtturm-Projektes unterstreicht.
Foto: Kreis Höxter