Höxter (TKu). Gleich zwei Exkursionen auf den Höxteraner Bielenberg zogen nun viele interessierte Bürgerinnen und Bürger in ihren Bann. Nach einem ausgebuchten VHS-Vortrag „Geheimnisse des Bielenbergs“ von Dieter Siebeck und Michael Robrecht im vergangenen November wurden nun die geheimnisumwobenen Stellen im Bielenberg vor Ort besichtigt mit großer Beteiligung. Sagen, Mythen und Legenden ragen sich laut Dieter Siebeck um den Bielenberg in Höxter und das mehrstöckige Stollensystem, das während der Zeit des dritten Reiches von der Wehrmacht angelegt worden ist. Exkursionsleiter Dieter Siebeck ist ein Kenner des Bielenberges. Während seiner Bundeswehrzeit als Berufssoldat ist er hier an vielen Sprengübungen beteiligt gewesen. Die Exkursion startete am großen Steinbruch, der sich auf der Lütmarser Seite befindet. Die Felswand im Steinbruch sehe laut Siebeck an einer Stelle so aus, als wenn sich hier ein zugesprengtes Tor für ein großes Stollensystem befunden haben könnte. Dort haben Dieter Siebeck und Michael Robrecht auch ein sehr tiefes Loch unter dem Geröll entdeckt, wo eine hohe Luftzirkulation herrsche. Der Bielenberg, der aus Muschelkalk besteht, war früher u.a. Abbaugebiet von zwei großen Zementfabriken, die per Seilbahn das Gestein abtransportierten. Von 1868 bis 1932 wurde das Gestein von den Zementfabriken abgebaut und verarbeitet. Mitte der 1930er Jahre begann die militärische Nutzung des Bielenberg-Plateaus. Die Freiflächen und der östliche Steinbruch dienten als Übungsgelände für die Wehrmacht.
In diesem Steinbruch soll es einen Stolleneingang so groß wie eine Halle gegeben haben, der mit Lastwagen zu befahren gewesen sein soll, überlieferten Zeitzeugen aus Höxter und Lütmarsen. Die Einfahrten seien mit Geröll zugeschüttet worden, an der Stelle, die Siebeck den Exkursionsteilnehmerinnen und -teilnehmern aufzeigte. Zeitzeugen haben berichtet, dass kurz vor Kriegsende beim Anrücken der Alliierten, Material aus den Großstollen mit Lastwagen nächtelang an- oder abgefahren worden sein soll. Konkretere Spuren und Belege dafür gibt es aber nicht. Das System von Lehrstollen mit Leitungen, Stahlträgern, Holzverschalungen und Holzkonstruktionen im südlichen Berg dürfte mehr als 500 Meter auf verschiedenen Ebenen lang gewesen sein. Bis Mitte der 1980er Jahre waren die Stollen mit zwei Metern Kopfhöhe und einigen Metern Breite noch leicht zu betreten. Inzwischen sind alle Eingänge verschlossen. Als ein weiteres Rätsel bezeichnete Siebeck die Betonplatten, die sich großflächig oberhalb des vermuteten Toreinganges befinden und die von Gras überwachsen sind. Ganz in der Nähe soll sich laut Überlieferungen auch ein Turm aus Beton befunden haben, in dem ein Zeitzeuge während des Krieges Leichen gesehen haben will und den er als einen von zahlreichen Eingängen in das Stollensystem beschrieben habe. Betonreste mit Eisenhaken sind an der Stelle noch sichtbar vorhanden.
Die Exkursion verlief auch an einer Stelle vorbei, die man nur in unbelaubtem Zustand gut erkennen kann. Hier befindet sich ein ovaler Erdwall, der Dieter Siebeck optisch an einen „V2-Raketen-Prüfstand“ erinnert, wie es ihn in Peenemünde gegeben hat. Ein Gutachten, bei dem der Boden mit technischen Hilfsmitteln besser sichtbar gemacht wurde, hat ergeben, das nur ein kleiner Teil dieses Erdwalls sichtbar ist. Die unbekannte Anlage sei demnach viel größer, als er mit den Augen zu erfassen ist. „Die Anlage sieht aus, als wenn sie niemals fertig geworden ist“, fügt Siebeck hinzu. Die Exkursion ging weiter, quer durch den Wald, vorbei an einer Stelle, wo einst ein Bundeswehr-Lkw vor 40 Jahren nahe dem Übungsdorf „Heygendorf“ in einen Stollen eingebrochen ist. Das Loch soll mehr als zehn Meter tief gewesen sein, bevor es mit Schotter verfüllt worden ist. Das „letzte ominöse Loch“ dieser Exkursion in dem Berggestein soll ein kleiner noch sichtbarer Teil eines Lorenausgangs für einen Stollen sein, der vom kleinen Steinbruch aus unter dem Stadtgebiet Höxter bis in das zweite Kasernengebäude der General-Weber-Kaserne geführt haben soll. Ein ehemaliger Soldat, der in Höxter vor vielen Jahrzehnten gedient hat, habe Siebeck ganz genau beide Eingangs- und Ausgangsstellen des Stollens beschrieben. Im Steinbruch ist inzwischen nur noch ein kleines Loch zu sehen, in dem ein mehr als zwei Meter langer Ast beim hineinstecken vollständig verschwunden ist. Sobald das zweite Kasernengebäude, wie demnächst geplant, abgerissen wird, werde Dieter Siebeck auch vor Ort sein, um dem geheimnisumwobenen Stollensystem auf den Grund zu gehen.
Fotos: Thomas Kube