Höxter (red). Ein außergewöhnliches Schiff wird voraussichtlich am 14. Juli in Höxter anlegen: Das Documenta-Boot „Citizenship“ macht Station in der künftigen Gartenschau-Stadt. Fast zwei Monate lang reist eine Künstlergruppe auf Wasserstraßen von Berlin bis Kassel. Über Havel, Spree, Mittellandkanal und über die Weser gelangen sie nach Höxter, ehe es über die Fulda weiter zur „documenta fifteen“ geht. Die Begrüßung des schwimmenden Vorboten der großen, internationalen Kunstausstellung organisiert die Landesgartenschau-Gesellschaft.
An Bord ist das Berliner Kollektiv Kunstrepublik, das Anfang Juni in der Hauptstadt gestartet war und am Ende Juli in Kassel eintreffen soll. 600 Kilometer lang ist die Strecke, die das Do-It-Yourself-Schiff zurücklegen will. Das Floß ist etwa 20 Meter lang und entstand aus dem umgedrehten, hölzernen Satteldach des Zentrums für Kunst und Urbanistik (Z/KU) in Berlin-Moabit. Die Künstler haben also ein Dach des ehemaligen Güterbahnhofs einfach auf den Kopf gestellt. „Das Boot ist ein Kontaktmacher“, sagten die Initiatoren. Es sehe so skurril aus, dass man mit jedem darüber ins Gespräch komme.
Angetrieben wird das Floß von acht Fahrrädern, die fest auf dem Deck montiert sind. Damit sich die Schiffsschraube dreht, treten die Künstler in die Pedale. Außerdem liefern Solarzellen und kleine Windräder Strom für den Elektromotor. Man reist also komplett ohne fossile Brennstoffe. Das 18 Tonnen schwere Schiff wird weitgehend nur mit menschlicher Kraft bewegt. Gerade gegen die starke Strömung der Weser kommt ihr Gefährt allerdings nur sehr langsam voran. 15 bis 20 Kilometer pro Tag wollen die Künstler schaffen.
Bewusst setzt die Crew dabei auf die Unterstützung von Menschen entlang ihres Weges: So lassen sich die Künstler das letzte Stück vom Höxteraner Ruderverein ziehen. Die Kooperation mit örtlichen Vereinen, Häfen oder Kommunen ist gewollt – auch bei der Organisation von Übernachtungsmöglichkeiten und dem Kulturprogramm. „Die Abhängigkeit von lokalen Strukturen ist Teil des künstlerischen Gesamtkonzeptes“, heißt es beim Kollektiv. Der Name „Citizenship“ – Bürgerschaft ist also Programm.
Proviant haben sie nicht eingepackt. Versorgt werden die Künstler von Foodsavern. Das sind Aktivisten, die Lebensmittel davor retten, weggeworfen zu werden. An Bord schneidert eine Künstlerin aus Altkleidern neue Anziehsachen. Unterwegs kommen auch noch andere Kollektive dazu, die ihre Praktiken vorführen – zum Beispiel Instrumentenbauer. Recycling ist dabei immer das Grundprinzip.
Der Zeitplan könnte allerdings auch noch einmal ins Wanken geraten. Zuletzt hatte die Künstlertruppe nämlich mit einem Leck zu kämpfen, verlor durch die Panne Zeit und musste wegen der nötigen Reparaturen einige Stationen absagen. Der Halt in Höxter blieb jedoch für die Crew der „Citizenship“ bislang gesetzt. Nach derzeitigem Stand wird das Documenta-Schiff am Donnerstag, 14. Juli, im Corveyer Hafen vor Anker gehen. Höxters Bürgermeister Daniel Hartmann und die LGS-Geschäftsführung werden das schwimmende Kunstwerk gegen 18 Uhr begrüßen. Dann besteht für Interessierte Bürger Gelegenheit, das Floß zu besichtigen und sich mit den Künstlern auszutauschen. Im Anschluss bietet das Team der Landesgartenschau ab 19 Uhr eine Führung auf der Baustelle im Weserbogen an. „Gerade die Kunst und Kultur gilt es während des Pandemiegeschehens zu stärken“, sagt Hartmann. Die Idee, mit Hilfe des Documenta-Boots Kunst- und Kulturprojekte in unterschiedliche Städte zu bringen, gefalle ihm gut. „Ich bin gespannt auf das fahrende Floß und hoffe, dass es planmäßig bei uns in Höxter anlegen wird“, so der Bürgermeister weiter.
Sollte sich die Ankunft der „Citizenship“ verzögern, wird die Landesgartenschau-Gesellschaft darüber auf ihren Social-Media-Kanälen informieren. Im Live-Stream kann man das Geschehen auf dem Boot übrigens unter https://www.citizenship.zku-berlin.org verfolgen.
Foto: KUNSTrePUBLIK