Höxter (TKu). Auf einen Kaffee mit...Michael Rindermann aus Höxter. Doch Kaffee spielt in diesem Bericht eher eine untergeordnete Rolle. Der beste Wein seit mehr als 300 Jahren soll es werden, ein Ausnahmejahrgang, da ist sich der ehemalige Weinhändler Michael Rindermann aus Höxter sicher. So gute klimatische Bedingungen für die Weintrauben auf dem Corveyer Weinberg habe Rindermann noch nie erlebt. Michael Rindermann, der den Weinanbau in Höxter am Weinberg mittlerweile nur noch privat betreibt, spricht von 20 Öchslegrad mehr, als wie üblich.
Damit werde sich der Wein dieses Jahrgangs von dem der zurückliegenden Jahrzehnte bei weitem abheben, meint der Experte, der sich nach eigenen Angaben schon seit 1970 leidenschaftlich mit dem Thema Wein auseinandersetzt. Was den Wein in diesem Jahr so besonders macht, führt Michael Rindermann näher aus: In diesem Jahr habe durch unterschiedliche Faktoren einfach alles gestimmt, angefangen mit einem trockenen und warmen Frühjahr, was zu einer guten Blüte geführt hat. „Reben benötigen eine lange Vegetationsperiode, in der sie die Sonnenstrahlen benötigen, um daraus Zucker bilden. Auf dem Weinberg oberhalb des Hexenstiegs ist die Sonne vom Ruf- bis zum Untergang am längsten präsent in Höxter, was die beste Voraussetzung für eine gelungene Assimilation darstellt“.
„Bei der Photosynthese, oder auch Assimilation genannt, wandelt die Weinrebe im fertigen Weinblatt Kohlendioxid und Wasser unter Einwirkung von Licht in organische Verbindungen um. Die wichtigsten entstehenden Verbindungen sind Stärke und Saccharose“, weiß Michael Rindermann zu berichten. Gemeinsam mit seinem Helferteam, bestehend aus Finn Kienappel und Jonas Kasing sowie Frank Viehofer und Josef Spieker, hat Michael Rindermann die Weinlese der verbliebenen Trauben seiner beiden Weißweinsorten vor kurzem durchgeführt. 60 bis 90 Liter Traubensaft gab es nach der Beerenpresse in Amelunxen. Zuvor mussten die Trauben aber vor Ort entrappt und unreife Beeren herausgeschnitten werden. Wie das funktioniert, erklärt Rindermann: „Der Weinbauer erntet Trauben, braucht aber nur deren Beeren. Die Trauben werden sofort entrappt, was bedeutet, dass die Beeren vom Stielgerüst getrennt werden. Das Stielgerüst selbst wird zur Weinerzeugung nicht benötigt. Es enthält zu viele Gerbstoffe“.
20 Öchslegrad höher, also mehr als eine Qualitätsstufe, sei das Ergebnis dieses warmen und trockenen Sommers, fasst Rindermann zusammen. Mit dem Öchslegrad wird das Mostgewicht des unvergorenen Traubensafts gemessen. Der Begriff Öchsle geht auf Ferdinand Öchsle zurück, der im Jahr 1836 die heute noch gebräuchliche Mostwaage erfunden hat. Und das Mostgewicht zeigt an, wie viel Zucker im Verhältnis zu Wasser im Traubensaft enthalten ist. Diese Jahrhundert-Qualität sei ein Zeichen vom Herrgott, meint Rindermann und spielt damit auf das 1200-jährige Bestehen von Corvey an. Denn schon die Benediktiner-Mönche von Corvey haben in Höxter im 17. Jahrhundert nach dem 30-Jährigen Krieg an gleicher Stelle Weinanbau betrieben.
Rindermann sieht sich mit seinem Hobbyweinanbau in der Nachfolge der Benediktiner-Mönche von Corvey, die unter dem Corveyer Fürstabt Christoph von Bellinghausen vier Hektar Anbaufläche auf dem Corveyer Weinberg für den Anbau von Weintrauben genutzt haben. Seit 2009 betreut der ehemalige Weinhändler am Südosthang des Räuschenbergs 99 Weinstöcke auf einer Fläche von etwa einem halben Hektar. Es handelt sich bei dieser Größe um Hobbyweinanbau. Alles, was darüber hinausgeht, sei laut dem Experten kommerzieller Weinanbau, der anderen Auflagen unterliege. Sein Anbau diene zu Repräsentations- und Forschungszwecken.
Das Forschungsprojekt wird zum Thema „Weinbau im Klimawandel“ geführt: Michael Rindermann hat in der Vergangenheit auf diesem Gebiet mit den Hochschulen aus Höxter und Geisenheim zusammen gearbeitet. Die Daten, die aus dem Höxteraner Weinanbau gewonnen wurden, haben die Hochschulen im Sinne der Forschung ausgewertet.
Auf dem Weinberg in Höxter mit Blick auf Corvey und fast die gesamte Stadt baut Rindermann drei Rebsorten an, darunter der Regent Rotwein und die Weißweinsorten Phoenix und Orleans. Die Weißweinsorte Orleans ist eine sehr seltene und alte Sorte, die bis ins 19. Jahrhundert in Deutschland verbreitet war und aus der Zeit Karl des Großens stammt. Diese „Traube der Warmzeit“ hat Rindermann vor etwa sechs Jahren am Höxteraner Weinberg gepflanzt. Vor allem diese Rebsorte dient den Studierenden der Technischen Hochschule OWL in Höxter zu Klimaforschungszwecken. Rindermann arbeitet rein biologisch und ohne chemische Zusätze, weshalb allerdings viele Pflegearbeiten der Weinstöcke nötig seien.
Man müsse darauf achten, dass das Blattwerk nicht zu dicht wachse, um den Mehltau, einen Schönwetterpilz, zu verhindern. Nur Pferdemist setzt der Weinanbauer alle drei bis vier Jahre um die Stöcke herum ein, als natürlichen Dünger. Das trockene Sommerwetter habe den Weinstöcken nichts ausgemacht, da sie tief genug gewurzelt haben. Eine Bewässerung sei deshalb nicht nötig gewesen, sagt Rindermann. Als die richtige Antwort auf die Klimaveränderung nannte er die nicht gemähten Wildpflanzen um die Reben herum, die dem Boden Schatten spenden, um ihn so vor der Austrocknung zu bewahren.
Außerdem führt er Stickstoff wieder in die Erde zurück. Der Jahrhundertwein lädt jedoch erst im nächsten Jahr zum Probieren ein. Nach der nun erfolgten Ernte schließt sich das Keltern, also die Auspressung an. Bevor der Wein in Flaschen abgefüllt werden kann, muss er noch gären, stabilisiert werden und ruhen bzw. reifen. Dieser in Höxter gewonnene Wein werde nicht kommerziell verwertet, sondern diene zu Repräsentationszwecken, wie Michael Rindermann erklärt. Die Freunde vom Weinkapitel Holzminden von 1974, dessen Ordensmeister Weinleser Frank Viehofer ist, sind beispielsweise Abnehmer des Weines von Michael Rindermann.
Fotos: Thomas Kube