Höxter (TKu). Am Wochenende sind in vielen Teilen von NRW wieder die Flusspegel aufgrund von Dauerregen angestiegen. In einer Reportage erinnern wir mit Hilfe zweier Zeitzeugen an ein Rekordhochwasser, das vor genau 55 Jahren im Kreis Höxter zugeschlagen hat. Es lag an starkem Schneefall in Verbindung mit einem heftigen Temperaturumsturz, der am 14. und 15. Januar 1968 ein reißendes Hochwasser im Kreis Höxter mit sich brachte, was es seither in dieser Form nicht wieder gegeben hat. Zwei Alterskameraden der Feuerwehr-Ehrenabteilung aus Höxter haben sich noch einmal erinnert, was damals geschah. Der mittlerweile nach dem Interview verstorbene Unterbrandmeister Wolfgang Funck (75) und der 85 Jahre alte Oberbrandmeister Erwin Henkelüdeke waren im vergangenen Jahr noch einmal an der Stelle des Schelpe-Baches in Höxter, wo zahlreiche Wohnhäuser unter Wasser standen und viele Einsätze bewältigt werden mussten. Mit dabei hatten sie das selbe Schlauchboot von 1968, das sich noch heute im Besitz der Feuerwehr befindet. In einer Lokalzeitungsausgabe vom Dienstag, den 16. Januar 1968 steht geschrieben: „Während Tietelsen am Sonntagmorgen noch von riesigen Schneemassen eingeschnürt war, setzte in der Nacht zum Montag im gesamten Kreisgebiet die Schneeschmelze ein, was ein reißendes Hochwasser mit sich brachte“. Es waren insbesondere die kleinen Bäche in Höxter, die diese Wassermassen nicht mehr kompensieren konnten und über die Ufer traten. Das Weser-Hochwasser erzielte hingegen keine Rekorde und erreichte in Lüchtringen einen Weserpegel von 5,88 Meter.
Der damals 21-jährige Wolfgang Funck musste am Samstagabend, den 13. Januar 1968 seinen Bruder aus Steinheim abholen. Die Straßenverhältnisse seien durch die Schneemassen äußerst schwierig gewesen, sagte Wolfgang Funck. Der starke Schneefall ging am darauffolgenden Tag in Regen und Tauwetter über. Das damit verbundene Hochwasser erreichte am Montag, den 15. Januar den Schelpe- und den Grubebach sowie die Westerbache, die laut Funck eine „immense Rekordhöhe nie dagewesenen Ausmaßes“ erreichten. Die Freiwillige Feuerwehr wurde am 15. Januar um 09:30 Uhr verständigt, da Wohnhäuser im Stadtgebiet bereits unter Wasser standen. „Vor Corvey im Bereich der Schelpe stand das Wasser bis zum Bahnübergang und auch die dortigen Wohnhäuser vor den Toren des Klosters konnten nur noch per Schlauchboot erreicht werden, erklärt Funck. Es sei der erste große Feuerwehreinsatz für den damals 21-jährigen Wolfgang Funck gewesen, wie er berichtete. Geleitet wurde der Einsatzabschnitt von dem damals schon einsatzerfahrenen, 31 Jahre alten Brandmeister, Erwin Henkelüdeke. Vor Ort im Einsatz waren die Feuerwehrleute mit einem Schlauchboot, das sich noch heute im Besitz der Feuerwehr befindet, aber seit längerem keinen Einsatzdienst mehr versieht. Erwin Henkelüdeke erkundete an der Albaxer Straße, wie es den Menschen vor Ort geht und wo sie Hilfe benötigen.
In der Albaxer Straße Nummer 37 stand die Erdgeschosswohnung etwa 0,7 Meter unter Wasser, was aus dem noch existierenden Einsatzbericht aus dem Feuerwehrarchiv Höxter hervorgeht. Hier mussten die noch im Erdgeschoss befindlichen Möbel durch die Feuerwehrangehörige in das Obergeschoss transportiert werden. Ferner wurden Sandsäcke verbaut, um weitere Gebäude vor den höher steigenden Wassermassen zu schützen. Eine Familie konnte vorerst nicht in ihr zu Hause zurück. Auch an der Lütmarser Straße standen Grundstücke und Häuser unter Wasser, der Keller eines Hauses laut Einsatzbericht sogar ganze 160 Zentimeter. Unterstützung erhielt die Feuerwehr beim Verbauen der Sandsäcke sowie der Bohlen und Schalbretter durch 20 Soldaten der Bundeswehr. „Ein weiteres Übertreten der Grube konnte so verhindert werden“ heißt es in dem Einsatzbericht. Nach Rückgang des Hochwassers mussten viele Kellerräume durch die Feuerwehr ausgepumpt werden. Der Einsatzort an der Albaxer Straße habe sich nach 55 Jahren sehr verändert, sagte Erwin Henkelüdeke beim Ortstermin. Die alten Gebäude von damals sind weg, neue Mehrfamilienhäuser sind hier Ende der 1990er Jahre an gleicher Stelle entstanden. Inzwischen schützt eine ein Meter hohe Betonwand die Gebäude, die es jedoch nach der Fertigstellung der neuen Häuser 1998 noch nicht gegeben hat. Bei einem Schelpe-Hochwasser im November 1998 standen auch die neu gebauten Häuser unter Wasser, was wiederum einige Monate später zum Bau der schützenden Betonwand geführt hat. Ein Interview mit den beiden Feuerwehrleuten der Ehrenabteilung aus Höxter ist auch als Video auf der Höxter-News-Facebookseite abrufbar.
Foto: Thomas Kube