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Sonntag, 24. November 2024 Mediadaten
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Ehemalige Rettungsdienst-Mitarbeiter und/oder dessen Frauen, die Telefondienst hatten v.l.: Waltraud Böhme, Carola und Meinhard Loges, Renate Dittrich, Günther Mante sowie Heinz und Roswitha Kube mit einem historischen Krankenwagen-Schild aus der damaligen Zeit

Höxter (TKu). Im Jubiläumsjahr 2024: Auf einen Kaffee mit Waltraud Böhme (95) – Ehefrau eines Krankenwagenfahrers, der vor 64 Jahren bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse seinen Beruf angetreten hat und den Rettungsdienst über viele Jahre mitgeprägt hat. Wer heute wegen eines Notfalls oder Unfalls via Notrufnummer 112 den Rettungsdienst ruft, der erhält in wenigen Minuten hochprofessionelle Hilfe in Form eines Rettungswagens oder Notarztes. Doch das war nicht immer so – auch nicht in Höxter. Vor 100 oder selbst noch vor 50 Jahren „tickten die Uhren ganz anders“ würde man heute umgangssprachlich sagen. Es ist unter anderem eine Geschichte vom ungelernten Krankenwagenfahrer zum heutigen professionellen Notfallsanitäter und Notarzt, die schnelle Hilfe vor Ort leisten. In den vergangenen fünf Jahrzehnten hat sich das Rettungswesen rasant entwickelt. In Höxter sind das ganz genau die fünf Jahrzehnte, seit dem die Stadt Höxter den Rettungsdienst in der Kreisstadt betreibt. Am 01. Januar 1974 übernahm die Stadt den Krankentransportdienst von der Allgemeinen Ortskrankenkasse – aber fangen wir ganz vorne an:

Erste strukturelle Ansätze für Rettungsdienste finden sich in der Ära Napoleons (1769–1821). Die ersten vierrädrigen Fahrzeuge zum Krankentransport wurden 1788 eingeführt. Wenn es bei Kriegskämpfen Verletzte gab, rannten sogenannte Bader mit Holzkarren auf das Schlachtfeld und transportierten die Verwundeten ab. Ende des 18. Jahrhunderts entstanden die ersten Rettungsverordnungen in Deutschland, in denen die Lebensrettung zur Pflicht jedes Bürgers erklärt sowie Belohnungen für erfolgreiche Wiederbelebungen von „Scheintoten“ ausgesetzt wurden. Ende des 19. Jahrhunderts verfügten die meisten deutschen Großstädte über ein organisiertes Krankenbeförderungswesen und 1905 entwickelte ein Bonner Karosseriebauer, der bis dahin Pferdekutschen für den Krankentransport hergestellt hat, den ersten automobilen Krankenwagen. Mit der Durchführung der Krankentransporte waren zu dieser Zeit zumeist zivile Samaritervereine und Sanitätskolonnen beauftragt. So auch hier: 1914 wurde die Freiwillige Sanitätskolonne des Roten Kreuzes in Höxter gegründet. Sie hatte sich laut eigener Satzung vorgenommen, kranken und verletzten Menschen zu helfen und stets hilfsbereit zu sein. Die Kranken und Verletzten sind, wenn der Arzt die Einlieferung in ein Krankenhaus angeordnet hatte, mit einem zweirädrigen Krankentransportkorbwagen dorthin gefahren worden. Für den Transport wurden immer zwei Männer benötigt, diese wurden vom Kolonnenführer oder dessen Stellvertreter bestimmt. Zum Abstellen von Tragen, Wolldecken und Krankentransportwagen stand der Freiwilligen Sanitätskolonne Höxter ein Raum im Spritzenhaus zur Verfügung. In dem selben Raum probte auch die Feuerwehrkapelle ihre Märsche. Dazu eine kleine Anekdote aus dieser Zeit: Eines Abends kam ein Sanitäter zum Kolonnenführer und berichtete ihm, dass er mit einem Kameraden am Nachmittag einen Transport durchgeführt habe. Der Kranke hätte eine ansteckende Krankheit gehabt und die Wolldecken seien noch nicht desinfiziert worden. Auf diesen Wolldecken saßen die Musiker und probten ihre Stücke. Nun war guter Rat teuer. Man beschloss ein paar Flaschen Schnaps zu kaufen, um sie den Feuerwehrmännern zu spendieren. Nach dem Genuss des Alkohols stellten sich keine Nachwirkungen ein und alles war gut verlaufen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Rote Kreuz in der englischen Besatzungszone, wozu auch Höxter gehörte, teilweise verboten. Die nachfolgende Rotkreuzarbeit beschränkte sich fortan vorrangig auf die Flüchtlings- und Heimkehrerbetreuung. Im Sommer 1946 übertrug die Britische Militärregierung das Krankentransportwesen den Freiwilligen Feuerwehren im Kreis Höxter. In einem Brief des Kreisfeuerwehrinspekteurs an die Amtsbrandmeister des Kreises wurde darauf hingewiesen, dass bezüglich der Übernahme des Krankentransportwesens durch die Freiwilligen Feuerwehr keine das Rote Kreuz verletzende Auslassungen von Feuerwehrkameraden gemacht werden sollten. Bis zum 01. August 1946 sollten eigentlich drei Sanitätskraftwagen (Sanka) beschafft und sechs hauptberufliche Feuerwehrmänner für den Krankentransport eingestellt werden. Aufgrund der angespannten Finanzlage blieb es jedoch bei freiwilligen Kräften. Im September 1946 nahmen die „Krankenwagenfahrer“ der Feuerwehr an einem Kursus über Krankentransport und Erste Hilfe teil. Der verantwortliche Leiter des Krankentransportes in Höxter war der Amtsbrandmeister. Der erste motorisierte Krankenwagen ist nachweislich 1951 auf einem Foto vor dem umgebauten Feuerwehrgerätehaus in der Rosenstraße zu sehen. Die zunehmende Dichte des Straßenverkehrs führte in den 1950er Jahren zu einem stetigen Anstieg der Unfallzahlen, wodurch die Einsätze zunahmen. 1954 übernahm die Allgemeine Ortskrankenkasse Höxter (AOK) mit damaligem Sitz in der Minoritenstraße, Ecke Corbiestraße, den Krankentransport auf Drängen des Kreises Höxter.

Als der inzwischen verstorbene AOK-Mitarbeiter Erich Böhme im Jahr 1960 zur AOK kam, gab es dort nur einen hauptamtlichen Mitarbeiter. Dabei handelte es sich um den späteren Rettungswachenleiter und Löschzugführer von Höxter, Fritz Müller. Die beiden Krankenwagenfahrer wechselten sich bei ihren Diensten jeweils ab: Seine Witwe Waltraud Böhme (95) erinnert sich: Einer von beiden hatte immer Dienst, während der Andere in Bereitschaft war. In dieser Zeit war es üblich, dass ein Krankenwagenfahrer immer ganz alleine zum Unfallort ausrückte. Der Dienst sei stressig gewesen, bis ein weiterer hauptamtlicher Mitarbeiter eingestellt wurde, erzählt Waltraud Böhme. Ab Mitte der 1960er Jahre verbesserte sich die Fahrzeug- und Gerätetechnik und auch die Funktechnik hielt erst Anfang der 1970er Jahre Einzug. Die Ehefrauen der Fahrer hatten Telefondienst und mussten Funkkontakt zum Krankenwagen halten. Eingestellt wurden daher laut Dienstvereinbarung nur Mitarbeiter, die auch verheiratet waren und das noch bis in die 1980er Jahre hinein.

Auch daran kann sich Waltraud Böhme noch gut erinnern: Zu einem schweren Unfall nahe Beverungen-Roggental rückte ihr Mann Erich ganz alleine aus mit seinem Krankenwagen. Fünf Verletzte musste er in seinen Bulli einladen. „Der am leichtesten verletzt war, hatte den Auftrag, sich um alle anderen Patienten im Auto zu kümmern. Anfang der 1970er Jahre reformierte sich das Rettungswesen auf Drängen von Medizinern überall in Deutschland - so auch in Höxter vor genau 50 Jahren: Zum 01. Januar 1974 wurde das Rettungs- und Krankentransportwesen der Stadt Höxter übertragen. Mit der Fertigstellung des neuen Feuerwehrgerätehauses "Am Petriwall 19" im Herbst 1974 stand dem Rettungsdienst nun auch eine geeignete Unterkunft zur Verfügung. Die fünf Krankenwagenfahrer der AOK traten der Freiwilligen Feuerwehr Höxter bei. Fritz Müller, der schon seit 1949 Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr war, wurde als erster Einsatzleiter des Krankentransportes eingesetzt. Mit der Übernahme des Krankentransportes durch die Stadt Höxter verbesserte sich auch deren Ausbildungsstand und Ausrüstung. 1974 wurde jeder Mitarbeiter zum Rettungssanitäter ausgebildet. Das erste Notarztsystem des Kreises Höxter ist im November 1984 in Höxter etabliert worden. 1989 wurde die 520-Stunden-Rettungssanitäter-Ausbildung in eine 1600 Stunden umfassende Ausbildung zum Rettungsassistenten bundesweit vorgeschrieben. Seit Dezember 1991 gab der Rettungsdienst Höxter seinen „nichtqualifizierten“ Krankentransport, der mit einem Dienst-Pkw erfolgte, an die Taxiunternehmen ab. 1992 übernahm der in der Feuerwehr aktive Schirrmeister Heinz Kube das Amt des Wachleiters von Fritz Müller. Im Herbst 1995 zog der Rettungsdienst Höxter von der Feuerwache in die neu gebaute Rettungswache gegenüber (Am Petriwall 17) um, die von einem Wohnhaus zur Wache umgebaut und mit einem Hallenbau versehen worden war.

Der Rettungsdienst zählte zu diesem Zeitpunkt 12 hauptamtliche Rettungsassistenten im 24-Stunden-Dienst. Im Herbst 2006 wurde dieser Dienst in einen 12-Stunden-Dienst umgewandelt. Inzwischen auf mehr als 20 Mitarbeitende angewachsen, war die Rettungswache Am Petriwall 17 zu klein geworden. Eine neue Rettungswache wurde im Juni 2019 in der Luisenstraße 28 fertiggestellt - etwa zweihundert Meter von der alten Wache entfernt. Unter der Leitung des Rettungswachenleiters Jürgen Schmits, der gleichzeitig auch Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Höxter ist, und seinem Stellvertreter Thomas Kube, gehören inzwischen mehr als 30 städtische Mitarbeitende zum Rettungsdienst der Stadt Höxter. Der Fahrzeugpark in der modernen Rettungswache umfasst vier Rettungswagen, zwei Krankentransportwagen und ein Notarzteinsatzfahrzeug.

Fotos und Repros: Thomas Kube

 

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