Kreis Höxter (TKu). Der Kreis Höxter erlebt derzeit ein ungewöhnliches Spektakel: Sogenannte komisch aussehende Vibro-Trucks rollen gemächlich über die Straßen im Kreis Höxter und sorgen für Vibrationen im Boden. Hinzu kommen spezielle viereckige Geräte, sogenannte Geophone, die zu Hunderten an den Straßenrändern verteilt sind. Das alles dient der Suche nach Erdwärme. Seit vergangenen Montag, den 2. September, sind die Fahrzeuge im Kreis Höxter unterwegs – zunächst in Willebadessen - eine von mehreren Messstrecken in Ostwestfalen-Lippe. Am Samstag rollten die Trucks durch die Kreisstadt, wo seit Ende der Woche die Geophone an vielen Stellen der Hauptstraßen verteilt sind. Diese Geräte müssen dort liegen bleiben und dürfen keinesfalls bewegt oder entwendet werden, heißt es von der ausführenden Firma.
Die viereckigen Geophone sind elektromechanische Wandler, die im Prinzip kleinen Seismometern ähneln. Sie registrieren die reflektierten Schallwellen, die die Vibro-Trucks über die absenkbare Rüttelplatte in den Boden schicken. Ausgestattet mit Beschleunigungssensoren, können sie auch niedrige Frequenzen einfangen. Sie wurden parallel zur Fahrtrichtung im Abstand von 10 Metern zueinander entlang möglichst gerader Linien verlegt und ca. 5 bis 10 Zentimeter tief in die Erde gesteckt. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen verfolgt das Ziel, Geothermie als nachhaltige Energiequelle zu erschließen. Erdwärme, die in mehreren Kilometern Tiefe in unterirdischen Wasserreservoirs gespeichert ist, soll in Zukunft zum Heizen und zur Warmwasserversorgung genutzt werden. Seit 2021 suchen Geologen des Landes gezielt nach diesen Vorkommen. Nach erfolgreichen Messungen im Münsterland und Rheinland ist nun Ostwestfalen-Lippe an der Reihe. Der Fokus liegt dabei auf Kalkstein- und Sandsteinformationen, die für die geothermische Nutzung ideal sein könnten. Über spezielle Rohre soll das heiße Wasser aus der Tiefe nach oben gepumpt und durch Wärmetauscher an der Oberfläche nutzbar gemacht werden. Die Erkenntnisse aus diesen Messungen sollen helfen, den zukünftigen Energiemix des Landes zu gestalten und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen weiter zu reduzieren.
Zum Einsatz kommen bei den Messungen sogenannte Vibro-Trucks, die mit massiven Rüttelplatten Schallwellen in den Boden schicken. Diese Wellen brechen an den unterschiedlichen Erdschichten und kehren als Reflexionen zurück an die Oberfläche. Dort werden sie von den Geophonen erfasst, die entlang der Messstrecken positioniert sind. Mit diesen Daten können Geologen ein genaues Bild des Untergrunds zeichnen und potenzielle Wasservorkommen in bis zu 6.000 Metern Tiefe ausfindig machen. Pro Kilometer brauchen sie rund 90 Minuten. Die Schallwellen und Vibrationen stellen keine Gefahr für die Bevölkerung dar, hieß es vom ausführenden Unternehmen DMT. Dennoch wurden Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden. Vor jeder Messung wird geprüft, ob es in unmittelbarer Nähe empfindliche Strukturen, wie etwa Gebäude, gibt, die durch die Vibrationen beeinträchtigt werden könnten. In solchen Fällen wird der entsprechende Messpunkt einfach übersprungen. Bei eventuellen Schäden können sich Betroffene an das Unternehmen IPS wenden, das die Untersuchungen gemeinsam mit DMT durchführt. Weitreichende Messungen in Ostwestfalen: Die aktuellen Arbeiten in Höxter sind Teil eines größeren Projekts, das sich über ganz Ostwestfalen erstreckt. Insgesamt sieben Messlinien mit einer Gesamtlänge von 350 Kilometern werden zwischen Stemwede im Norden und Borgentreich im Süden vermessen. Diese Linien verlaufen durch mehrere Städte, darunter auch Spenge, Paderborn und Minden. Bis Ende September sollen die Messungen abgeschlossen sein. Danach wird es jedoch noch Monate dauern, bis alle Daten ausgewertet und mögliche Standorte für weitere Untersuchungen bekannt gegeben werden.
Fotos: Thomas Kube