Höxter (r). Sexuelle Gewalt erleben mehr Kinder, Jugendliche und Erwachsene als jemals zur Anzeige gebracht und in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Aus Angst, Scham oder Ekel verschweigen Betroffene oftmals in erster Reaktion die Erlebnisse.
"Das unsagbar Schreckliche schnellstmöglich zu vergessen ist ein verständliches Bedürfnis der Betroffenen", sagt Sozialpädagogin Helga Niemöller vom Arbeitskreis "Gegen Gewalt an Frauen und Kindern“ im Kreis Höxter. "Aber aus Erfahrung wissen wir, dass eine Aufarbeitung des Geschehens den Betroffenen hilft, die erlebte Gewalt zu einem Teil der Vergangenheit werden zu lassen und damit die Gegenwart zu entlasten."
Die anonyme Spurensicherung im St. Ansgar Krankenhaus in Höxter gibt Betroffenen die Möglichkeit, sich zu einem späteren Zeitpunkt für eine Aufarbeitung und eventuell ein juristisches Vorgehen zu entscheiden, wenn sie sich bereit dazu fühlen. Die Anonymität ermöglicht, die Beweise innerhalb von 10 Jahren zu verwenden, eine Strafanzeige zu stellen oder alle Beweise vernichten zu lassen.
"Wichtig ist, sofort zu uns zu kommen, noch vor dem Duschen mit allen ungewaschenen Kleidungsstücken", sagt Oberärztin Kerstin Todt von der Frauenklinik im St. Ansgar Krankenhaus. Sie und ihre Kollegen sind darin geschult, alle Beschädigungen, von Hämatomen über Kratzer bis hin zum Nachweis von KO-Tropfen wie auch die psychischen Verletzungen, gerichtsverwertbar zu dokumentieren. "Betroffene haben nichts zu befürchten: Die Nutzung der gesicherten Spuren bleibt ganz und gar in ihren Händen", erklärt Kerstin Todt.
Eine Plakataktion macht jetzt auf dieses Angebot im St. Ansgar Krankenhaus aufmerksam: Der Arbeitskreis "Gegen Gewalt an Frauen und Kindern“ konnte die lokalen Busunternehmen gewinnen, Plakate zur Anonymen Spurensicherung kreisweit in allen Bussen aufzuhängen. „Unser herzlicher Dank gilt: Risse Reisen, BVO Paderborn, Pollmann Reisen, Block Reisen, Reifers Reisen, spar-tours Bad Driburg, Tokovic Reisen, Breustedt Omnibusbetrieb sowie dem Reisedienst Blum“, sagt Ingrid Roland, die die Verbindung zu den Busunternehmen aufnahm.
Die Plakate sollen ermutigen, die Unterstützung der anonymen Spurensicherung anzunehmen. „Je mehr Bürger über diese Möglichkeit informiert sind, desto eher können sich von sexueller Gewalt Betroffene vertrauensvoll an die gynäkologische Abteilung des Krankenhauses wenden. Und vielleicht schreckt eine mögliche 10-jährige Beweissicherung und die Möglichkeit einer Bestrafung den ein oder anderen von einer sexuellen Gewalttat ab. Das wäre wünschenswert", sind sich die Mitglieder des Arbeitskreises einig.
Foto: Kath. Hospitalvereinigung Weser-Egge gGmbH