Lauenförde/Albaxen (TKu). Auf einen Kaffee mit... „Bikerkönigin“ Paula Pirone aus Albaxen: Man nennt sie liebevoll „Biker-Königin“ und sie gilt im Volksmund als Erfinderin des Motorradtourismus in unserer Region: Paula Pirone aus Albaxen ist vor wenigen Wochen 85 Jahre alt geworden. Für viele Motorradfahrer aus der ganzen Welt waren die Pirones mit ihrer Villa Löwenherz und der Tonenburg Jahrzehnte lang eine sehr geschätzte Anlaufstelle als Motorrad-Herberge. Ohne die Pirones gäbe es wohl auch die 1905 errichtete Historismus-Villa im Herzen von Lauenförde nicht mehr. Weil die Gemeinde sie in den 70er Jahren per Ratsbeschluss abreißen wollte und auf dem Grundstück Bauplätze entstehen sollten, ließen die Pirones sie kurzerhand unter Denkmalschutz stellen. 1978 erfolgte der Kauf der maroden Villa, danach die schrittweise Sanierung und der Umbau zur Motorrad-Herberge.
Diese Herbergsidee sei damals ein Novum gewesen, was sehr gut angenommen wurde, berichten die Pirones. Heute betreiben ihre Kinder Stephan Pirone und Martha Kuckuck das „Biker-Hotel“ in der Villa Löwenherz und die Pirones genießen jetzt ihren wohlverdienten Ruhestand auf der Tonenburg, die sie ebenfalls fast 20 Jahre als Herberge betrieben haben. Aber alles der Reihe nach: Paula Pirone ist 1935 geboren und in Brilon aufgewachsen. Ihre Eltern haben damals ein Autohaus betrieben, weshalb ihr die Selbständigkeit vermutlich in die Wiege gelegt wurde. 1954 hat sie eine Lehre zur Köchin begonnen und 1956 abgeschlossen, was ihr für den späteren eigenen Herbergsbetrieb zugutekam. Beim Reiterball in Herstelle lernte die damals 23-Jährige ihren Mann Norbert kennen, mit dem sie im Oktober 2020 Diamantene Hochzeit feiert. 1960 wurde geheiratet. Der gelernte Bankkaufmann Norbert Pirone wechselte seinen Wohnort nach Brilon, wo er später ein Planungsbüro für Schwimmbäder unterhielt. Nach der Ölkrise 1973 kam es zu erheblichen Umsatzeinbrüchen, woraufhin das Paar eine neue Geschäftsidee entwickelte: Sie verwandelten die Produktionshallen des Schwimmbadunternehmens kurzerhand in eine Motorrad-Ranch. Ein Freund hatte sie auf diese Marktlücke aufmerksam gemacht. Das Geschäft lief gut, aber dennoch verkauften die Pirones ihre Ranch und zogen in Norbert Pirones Heimat zurück, wo sie „Gut Schirmeke“ in Beverungen pachteten und ebenfalls in eine Motorrad-Ranch umfunktionierten. Viel Komfort benötigten die damaligen Biker nicht, erklärt Paula Pirone. Ende der 70er Jahre gab das Paar ihren gepachteten Herbergsbetrieb in „Gut Schirmeke“ auf und kaufte die Villa Löwenherz an der Würgasser Straße.
Durch ihren massiven Einsatz gegen den geplanten Abriss des Gebäudes im Barock-Stil haben sie das historische Gebäude erhalten und somit Lauenförde bis heute um eine Attraktion reicher gemacht. Mitte der 1990er Jahre übergaben sie ihren Kindern die Geschäftsleitung, weil sie schon wieder neue Pläne hegten. Denn: Sie kauften 1995 die Tonenburg in Albaxen und errichteten auch hier ein neues Biker-Hotel an der B64/83 mit bis zu 140 Schlafplätzen. Mehr als 30 Vollzeitangestellte waren insgesamt für die Pirones in der Hauptsaison beschäftigt. Das Verhältnis zu den Motorradfahrern war stets sehr gut, erklären beide unisono. Norbert Pirone fuhr selbst auch Motorrad. Seine eigene 850er-BMW hat er aber vor drei Jahren schweren Herzens verkauft. Gesorgt haben die Pirones für die Biker auch schon mal über das normale Maß hinaus: So hat Paula Pirone für die Biker, die aus Schweden kamen, auch schon mal um zwei Uhr morgens gekocht, weil eine Ankunft wegen der Fährüberfahrt nicht eher möglich gewesen sei. Tausende Motorradfahrer aus der ganzen Welt kamen in den 18 Jahren, in denen die Pirones die Tonenburg betrieben haben, nach Albaxen, um in der Burg zu übernachten. Die Tonenburg selbst liegt Paula Pirone auch heute noch besonders am Herzen. Über die Burg hat sie sogar eine eigene kleine Chronik verfasst. Ihr sei es wichtig, das Wissen um die Tonenburg auch an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben. So veranstalteten sie und ihr Mann beispielsweise regelmäßig Kinderferienspaß-Aktionen, die viele Kinder sehr begeistert haben. Die vielen Dankesschreiben und Geschenke der Kinder hält das Paar bis heute in Ehren und erfreut sich noch immer daran. Und die Kinder haben mit Spaß und Spiel etwas gelernt über die historische Burg aus dem 14. Jahrhundert. Den Sälen in der Burg haben die Pirones Namen gegeben. Der sogenannte König-Harald-Saal war oft auch für Hochzeitsfeiern ausgebucht.
Als sich das Paar 2013 aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat, verkauften beide die Burg an die Neueigentümer Gesine und Pete Mackenroth. Heute leben die Pirones in einem Anbau der Tonenburg, ein Teil des im 18. Jahrhunderts erbauten Wirtschaftsgebäudes unterhalb des Wehrturmes. Wenn die Bäume kahl sind, genießen sie in der gemütlich eingerichteten Stube den Ausblick auf und über die Weser bis nach Holzminden und Corvey. Ihr Lebenswerk hallt noch lange nach, so sind auch heute die Villa Löwenherz und die Tonenburg nach dem Rückzug der Pirones beliebte Ausflugsziele und Eventlocations und das nicht nur für Motorradfahrer, sondern auch für Rad-, Fluss- und Fußwanderer. Die beiden Mittachtziger sind geistig sowie körperlich noch sehr fit und aktiv. Das läge wohl daran, dass sie ihr ganzes Leben lang mit jungen Leuten zusammengearbeitet hätten, weiß Paula Pirone zu berichten.
Fotos: Thomas Kube