Kreis Höxter (red). Nach einem Schlaganfall ist nichts mehr so, wie es war. In diesem Moment sind die Schlaganfall-Lotsinnen zur Stelle. Ein Jahr lang begleiten sie Betroffene im Projekt „STROKE OWL“ und leisten Unterstützung auf dem Weg in ein verändertes Leben. Schirmherr des Projekts der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe im Kreis Höxter ist Landrat Friedhelm Spieker. „Erste Erfahrungen zeigen, wie erfolgreich das Lotsen-Modell für die Nachsorge ist“, zieht er eine erste Bilanz.
„Ein Schlaganfall ist ein tiefer Einschnitt. Die neuen Lebensumstände stellen die Patienten vor große Herausforderungen“, sagt die Leitende Oberärztin der Neurologie am St. Ansgar Krankenhaus in Höxter, Dr. med. Uta Häberle. Dies betreffe auch die Familie und das persönliche Umfeld. „Es hat sich gezeigt, dass die Schlaganfall-Lotsinnen den Betroffenen und ihren Angehörigen eine große Hilfe sind“, sagt sie.
In dem Projekt „STROKE OWL“ wird derzeit modellhaft erprobt, wie durch eine patientennahe Begleitung die Versorgung der Betroffenen verbessert und die Lebensqualität erhöht werden kann. „Mit einer wissenschaftlichen Studie wollen wir nachweisen, dass diese Form der Unterstützung viele positive Effekte hat“, sagt Anja Kottmann von der Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe. „Aufgrund der guten Erfahrungen engagieren wir uns dafür, dass die Lotsentätigkeit fortgesetzt wird, insbesondere bei Schlaganfall-Betroffenen mit einem erhöhten Versorgungsbedarf“, erklärt Kottmann.
Die Schlaganfall-Lotsinnen im Kreis Höxter, Irmhild Schmidt und Angela Winzmann, unterstützen die Patienten und ihre Angehörigen dabei, angesichts der Vielzahl von medizinischen und pflegerischen Angeboten den Überblick zu behalten. Sie beraten, informieren und koordinieren die Versorgungsleistungen. Sie helfen Anträge auf Leistungen zu stellen, erklären, wie Medikamente einzunehmen sind, und motivieren dazu, Therapien wahrzunehmen. „Sprachprobleme machen es den Betroffenen oft schwer, ihre Anliegen mitzuteilen“, erklären die Lotsinnen, die über fundierte Kenntnisse in der Pflege, Neurologie und Nachsorge verfügen. Darüber hinaus haben sie eine Schulung im Fall-Management absolviert.
Davon hat auch Hala Gorges aus Höxter profitiert, die seit ihrem Schlaganfall im November 2019 von einem Tag auf den anderen auf Unterstützung angewiesen ist. Bis dahin galt sie als Motor der Familie. Auch war sie ehrenamtlich engagiert. „Ich habe immer gern anderen Menschen geholfen“, sagt Hala Gorges, die insbesondere in der Integrationsarbeit und als Übersetzerin aktiv war. „Nach dem Schlaganfall brauchte ich selbst Hilfe“, schildert sie die ungewohnte Situation. Durch die Lotsinnen habe sie sich sicher gefühlt. Auch wenn die Familie ihr sehr viel Rückhalt gebe, sei ihr die fachkompetente Begleitung im Lotsen-Projekt eine wichtige Stütze. „Wenn ich Fragen habe oder etwas brauche, habe ich eine feste Ansprechpartnerin“, sagt sie.
Diagnosen, wie die von Hala Gorges, treten immer öfter auf. „Der Schlaganfall ist eine Krankheit, die in jedem Alter auftreten kann, häufiger aber im höheren Alter“, erläutert Dr. Häberle. Da die Menschen älter werden, nehmen auch diese Schicksalsschläge zu. Allein im St. Ansgar Krankenhaus in Höxter werden rund 600 Schlaganfall-Patienten pro Jahr behandelt. Mehr als 160 der Betroffenen sind im Rahmen des Projekts „STROKE OWL“ im Kreis Höxter seit Projektbeginn im Sommer 2018 von den Schlaganfall-Lotsinnen begleitet worden. Für rund 100 Patienten ist die Begleitung bereits abgeschlossen. Bei rund 60 Patienten wird die Begleitung spätestens Ende März 2021 auslaufen.
„Der Stiftung liegt es sehr am Herzen, dass die Nachsorge durch die Begleitung verbessert wird und sich die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten erhöht“, sagt Anja Kottmann von der Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe. „Deshalb ist es uns so wichtig, die Lotsentätigkeit langfristig als Regelleistung der Krankenkassen zu etablieren.“
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