Würgassen (TKu). Etwa 500 Menschen aus Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen haben sich ihrem Ärger Luft gemacht: Sie demonstrierten am Sonntag vor dem ehemaligen Atomkraftwerk in Würgassen gegen das Vorhaben des BMU (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit), das Dreiländereck zum zentralen Umschlagplatz für 90 Prozent des Atommülls aus ganz Deutschland zu machen. Coronabedingt war die Demo vorrangig als „Auto-Demo“ geplant. Mit so vielen Demonstranten haben die Verantwortlichen gar nicht gerechnet. Nicht nur der Parkplatz vor dem Werkstor des ehemaligen Atomkraftwerks war voll mit Fahrzeugen, die Schlange parkender Fahrzeuge reichte sogar bis zur Landstraße L550 in Würgassen.
Es war wieder mal ein kreativer Protest der Teilnehmer*innen der Kundgebung: Sie kamen mit Gasmasken und Schutzanzügen, mit großen W-Buchstaben oder auch Atommüll-Fässern zur Demonstration. Anlass der Kundgebung war der Jahrestag des formierten Widerstandes gegen den Standort Würgassen als Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Stoffe. Laut dem kürzlich wiedergewählten Vorsitzenden der Bürgerinitiative „Atomfreies Dreiländereck“, Dirk Wilhelm, sei nicht das Zwischenlager selbst das Sicherheitsproblem, sondern der Transport auf der Schiene zum geplanten Endlager „Schacht Konrad“. Und der Weg führe schließlich auch durch die Kreise Höxter und Holzminden. Neben dem BI-Vorsitzenden Dirk Wilhelm und den Mitgliedern des Vorstandes der Bürgerinitiative sprach auch der Bürgermeister der Stadt Uslar, Torsten Bauer, zu den etwa 500 Demonstrantinnen und Demonstranten. Viele Teilnehmer der Demo verblieben aufgrund der Corona-Pandemie in ihren Fahrzeugen. Lautstarken Applaus zeigten sie aber dennoch durch das Betätigen der Hupe und Lichthupe während der Redebeiträge, die mit einer großen Soundanlage übermittelt wurden. Dirk Wilhelm lies die Hintergründe für das Vorhaben des BMU noch einmal Revue passieren, ebenso wie die Geschichte der Bürgerinitiative. Dirk Wilhelm brachte die Fakten noch einmal auf den Punkt: Über Jahrzehnte sollen 15.000 Atommüllgebinde mit einem Volumen von 60.000 Kubikmetern nur wenige hundert Meter von den Landesgrenzen zu Niedersachsen und Hessen, im kleinen Beverunger Ort Würgassen abgelegt werden.
Insgesamt sollen über drei Jahrzehnte 303.000 Kubikmeter Atomschrott aus ganz Deutschland angefahren, sortiert und zum „Schacht Konrad“ bei Salzgitter abgefahren werden. Werde das Vorhaben durchgesetzt, würde dies zu täglichen Gefahrguttransporten insbesondere durch die Landkreise Höxter, Holzminden, Kassel und Göttingen führen. Die vom BMU und der BGZ getroffene Standortentscheidung, welche entgegen vieler Sachargumente erfolgte, scheint laut Dirk Wilhelm vielmehr von politischen Zusagen geprägt worden zu sein. Diese Demonstration war die erste Demo direkt vor dem Haupttor des ehemaligen AKWs in Würgassen. Neben der Polizei stand auch der Wachschutz des AKWs hinter dem verschlossenen Werkstor in Alarmbereitschaft. Die Demonstration verlief jedoch friedlich und ohne Vorkommnisse.
Fotos: Thomas Kube