Höxter (r). Leon Kniffki ist 16 Jahre alt und wird im kommenden Sommersemester zum ersten Mal virtuell in einem Hörsaal sitzen. Er besucht die Informatik-Vorlesung von Prof. Stefan Wolf an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. „Ich interessiere mich für das Thema Programmieren, ich hab vor ungefähr drei Jahren angefangen zuhause zu programmieren und schon an mehreren Hakatons teilgenommen. Über das Juniorstudium habe ich die Möglichkeit für mich zu testen, ob mir das auch als Studienrichtung liegt.“ Parallel geht Leon Kniffki in die Oberstufe des König-Wilhelm-Gymnasiums in Höxter.
Auch Jan Heider, ebenfalls Schüler des König-Wilhelm-Gymnasiums will im Juniorstudium testen, ob Informatik und Programmieren die richtigen Studienfächer für ihn sind. „So habe ich die Möglichkeit schon vor dem Abi zu sehen, wie es an der Uni läuft und kann darauf aufbauen.“ Die Junior-Studierenden werden sich für Sommer- und Wintersemester an der TH OWL einschreiben, also insgesamt für ein Jahr. Danach haben die beiden ein halbes Jahr, um sich voll auf das Lernen für das anstehende Abitur zu konzentrieren. Aktuell bietet die TH OWL die Vorlesung, die die beiden besuchen wollen noch komplett digital an. Sobald die Corona-Situation wieder Vorlesungen im Hörsaal zulässt können die beiden Schüler einfach von der Schule zur Hochschule rübergehen. Klassenzimmer und Hörsaal liegen nur einen Kilometer Luftlinie auseinander.
Etwa 1700 Schüler sitzen deutschlandweit jedes Semester in den Hörsälen. „Das Juniorstudium richtet sich weniger an Hochbegabte als an Schüler mit einem besonderen Interesse, erklärt Prof. Stefan Wolf, der die beiden Schüler an der TH OWL betreuen wird. „Für solche Schüler ist das Junior-Studium eine tolle Möglichkeit, das Leben an der Hochschule kennenzulernen.“ Ein guter Notendurchschnitt hilft, denn die Junior-Studierenden dürfen neben der Vorlesung auch den Schulstoff nicht vernachlässigen. Leon Kniffki hat aktuell einen Notendurchschnitt von 1,0 und traut sich zu Schule und Studium gleichzeitig zu schaffen: „Ich sehe das gelassen, noch hat der Stress fürs Abitur nicht angefangen, außerdem kann ich mir dank des digitalen Angebots frei einteilen, wann ich mir die Vorlesung anhöre.“
Für die Schüler hat das Studium viele Vorteile: „Sie können sich in einem Fach weiterbilden, dass sie interessiert und das selbständige Arbeiten kennenlernen“, erklärt Informatik-Professor Stefan Wolf. Wenn Sie am Ende der Vorlesung die Programmieraufgabe erfolgreich lösen, können sie sich die Punkte an der TH OWL für ihr späteres Bachelor-Studium anrechnen lassen. „Wenn sie sich dann richtig einschreiben, kennen sie bereits das Uni-System mit Credit-Points, Modulen und Hausarbeiten“, so Wolf. Um Schüler über die Möglichkeiten eines Junior-Studiums zu informieren, braucht es engagierte Lehrerinnen wie Sarah-Lena Kohnert. Sie ist Beauftragte der individuellen Förderung am König-Wilhelm-Gymnasium und hat Leon Kniffki und Jan Heider für das Juniorstudium vorgeschlagen. „Aus meiner Sicht profitieren alle Seiten von dieser Möglichkeit. Die Schüler bekommen die Chance, Vorlesungen zu besuchen, die sie interessieren und schon vor dem Abi das System Hochschule kennenzulernen und erweitern ihren Horizont.“ Die TH OWL und das König-Wilhelm Gymnasium werden auch in anderen Bereichen die Zusammenarbeit ausbauen. In einem Kooperationsvertrag haben Hochschule und Schule vereinbart, gemeinsam Veranstaltungen zur Orientierung nach dem Abitur zu organisieren, außerdem will die Hochschule regelmäßige Besuche für Schülergruppen und Klassen an der Hochschule organisieren.
Foto: TH OWL