Höxter (TKu). Auf einen Kaffee mit... dem Höxteraner Schützenkönig Frank Wiesemann und Schützengilde-Pressesprecher Thorsten Stein. Wie gut kommt die Schützengilde Höxter von 1595 e.V. durch die Corona-Krise? Wie geht es weiter im Traditionsverein? Das und mehr haben wir von Höxter-News die beiden Funktionsträger der Gilde gefragt. Schützenkönig Frank Wiesemann regiert nun schon im dritten Jahr. Eigentlich hätte 2020 das große Jubiläumsschützenfest stattgefunden, was Corona-bedingt aber ausfallen musste. Wegen dieser unvorhergesehenen Umstände hat der Gilde-Kommandeur und Bruder von Frank Wiesemann, Thomas Wiesemann, gefragt, ob sich Frank eine Regentschaft für weitere zwei Jahre vorstellen könne. Die Antwort lautete: „Ja“. Damit wird Frank Wiesemann der erste König sein, der seit Bestehen der Schützengilde Höxter vier Jahre hintereinander regiert. Er hat gemischte Gefühle in dieser Zeit. Oberleutnant Frank Wiesemann hat 2018 die Königswürde übertragen bekommen und er ist Mitglied aus Tradition: Sein inzwischen verstorbener Vater wird noch heute als Ehrenmitglied der Gilde geführt und war lange Jahre als Rechnungsführer und Festleiter im Vorstand tätig und sein Bruder Thomas ist 2019 zum Kommandeur ernannt worden. König Frank, der nach dem Königinnenwechsel von Christine Timmermann zu Sandra Vogt (2020) noch bis 2022 regieren wird, ist bereits seit 1995 in der Schützengilde aktiv. Im Interview haben wir uns auch mit Pressesprecher Thorsten Stein unterhalten, der seit vier Jahren in der Schützengilde aktiv ist und 2019 zum Pressesprecher ernannt wurde.
Höxter-News: Wie enttäuscht war das Schützenvolk nach Bekanntwerden des Ausfalls des Schützenfestes?
Frank Wiesemann: „Die Enttäuschung über das ausgefallene Schützenfest war zwar groß, aber das Verständnis war umso größer. Die Entscheidung des Vorstands, das Fest zu känzeln, erhielt großen Respekt und sogar Lob“, sagt Frank Wiesemann. „Es ist eine alternativlose Entscheidung gewesen. Der Gildevorstand wollte nicht abwarten, bis man zu dieser Entscheidung gezwungen wird, sondern vorweg gehen. Die Absage sollte außerdem nicht in den allgemeinen Absagen anderer Veranstaltungen unter gehen, weil das Jubiläumsschützenfest für die Gilde etwas ganz besonderes ist“, ergänzt Pressesprecher Thorsten Stein.
Höxter-News: Hat Corona das Schützenwesen verändert und wenn ja, wie?
Frank Wiesemann: „Bislang gab es keine Austritte in der Schützengilde. Den Gegebenheiten haben wir uns angepasst durch die Nutzung von Videokonferenzen etc.. Spannend wird es, wenn die Veranstaltungen wieder starten dürfen: Ist die Angst größer? Kommen weniger Menschen? Wie werden insbesondere auch ältere Schützenfestteilnehmer sich verhalten bei den Menschenansammlungen im Festzelt?“ Das sind nur einige wenige Fragen, die sich König Frank Wiesemann in dem Zusammenhang stellt.
Thorsten Stein: „Corona hat alles verändert. Wie stellt man eine Veranstaltung mit einer Kontaktnachverfolgung sicher und wie kann man die Anwesenden am besten vor Corona schützen? Das sind die Fragen, die man sich demnächst wohl stellen muss, wenn man ein Schützenfest ausrichten möchte“.
Höxter-News:Wie habt ihr den Lockdown in eurer Freizeit verbracht?
Thorsten Stein: „In erster Linie habe ich den Lockdown mit der Familie verbracht“, sagt der Vater zweier kleiner Kinder. „Unser Sohn ist erst fünf Monate alt, deshalb ist der Tagesablauf aktuell sowieso ein anderer und man ist abends und am Wochenende nicht mehr so oft unterwegs. Familiär haben wir uns zurückgehalten mit unseren Außenkontakten aufgrund von Corona“. Frank Wiesemann ergänzt: „Wir haben uns während der Zeit einen ´Corona-Hund´ zugelegt und sind damit viel raus in die Natur. Wir sind mit dem neuen Familienmitglied so viel gewandert wie noch nie zuvor, aber es tat uns als Familie sehr gut“.
Höxter-News: Kann man sagen, dass 2020/2021 König Corona regiert?
Thorsten Stein: Nein, in der Gilde regiert immer noch König Frank. König Wiesemann ergänzt dazu: „Es ist eine ruhige Zeit. Gerne würden wir mehr machen, aber das ist momentan nicht möglich. Wir haben es aber selbst in der Hand, die Schützengilde regieren wir noch selbst, auch wenn Corona das Vereinswesen kräftig durcheinander gewirbelt hat!“
Höxter-News: Die Pandemie bringt einen Digitalisierungsschub mit sich, ist das auch für die Schützen in Zukunft denkbar?
Thorsten Stein: „Die Videokonferenzen haben die zurückliegende Planungsarbeit für die Gilde einfacher gemacht. Ein schneller Austausch von zu Hause via Videokonferenz ersetzt zwar keine gesellige Veranstaltung, aber auch nach Corona hinaus ist so etwas denkbar für einen Austausch und die Planungen der Schützengilde seitens des Vorstandes. Die bisherigen Videokonferenzen sind nicht kürzer geworden und sie sind auch nicht weniger effektiv als gemeinsame Vorstandstreffen in Form einer Präsenzveranstaltung. Man muss sich die neuen Techniken zu Nutze machen.“
Höxter-News: Corona endlich im Griff: Was wünscht ihr euch für das nächste Schützenfest?
Frank Wiesemann: „Ich wünsche mir ein riesiges unbeschwertes und sicheres Fest!“
Thorsten Stein: „Gemeinschaft! Sicherheit! Als Traditionsverein müssen wir die Menschen mitnehmen, weil wir auch auf sie angewiesen sind. Wir müssen vorbildlich vorangehen und die Mitglieder und die Besucher schützen. Wenn wir feiern, dann richtig und natürlich sicher.“
Höxter-News: Wie findest Du es, dass Du nun eine Schützensaison länger König bleiben wirst?
Frank Wiesemann: „Ich werde am Ende meiner Amtszeit insgesamt vier Jahre Regentschaft hinter mir haben, so viel wie noch kein König zuvor, wenn alles gut läuft. Aber wir haben natürlich eine lange Pause mittendrin. Corona-bedingt läuft halt eine lange Zeit nichts. Durch die Proklamation der neuen Königin Sandra Vogt hatten wir dazu noch einen Restart. Wir hoffen, dass es bald wieder losgeht mit den Veranstaltungen und freuen uns alle natürlich auf das Jubiläumsschützenfest im Juli 2022 mit der neuen Schützenkönigin Sandra Vogt“.
Höxter-News: Steht ihr im engen Austausch mit den anderen Schützenvereinen?
Thorsten Stein: „Die Kontakte sind nicht nur erhalten geblieben, sie wurden sogar teilweise noch intensiviert durch die Aktion ´Schützen stehen zusammen´. In Zeiten des Lockdowns fand aber auch dieser Austausch nur per elektronischen Medien statt, um sich und andere nicht zu gefährden“.
Höxter-News: Was ist das Schönste am Schützenwesen, was macht am meisten Spaß?
Frank Wiesemann: „Als früherer Trainer einer Fußballmannschaft hatte ich im Verein mit nur einer Generation zu tun. In der Schützengilde sind Mitglieder in jedem Alter aktiv, von ganz jung bis ganz alt, verwurzelt, die an einem Tisch zusammenstehen oder zusammensitzen und miteinander in Kontakt stehen. Es ist einfach eine ganz große generationenübergreifende Gemeinschaft. Das ist es, was mir persönlich am besten gefällt!“
Thorsten Stein: „Die Gemeinschaft und die Brauchtumspflege ist was mir am besten an der Schützengilde gefällt, insbesondere auch die Weitergabe der langen Traditionen, die innerhalb dieser Gemeinschaft gelebt wird. Was dem Kölner sein geliebter Karnevalsverein ist, das ist für den Ostwestfalen sein Schützenwesen“.
Höxter-News: Warum ist das Schützenwesen für die Höxteraner Bürgerschaft und die Gesellschaft so von Bedeutung?
Thorsten Stein: „Das Schützenwesen ist für alle da und schließt keinen aus. Die Gilde veranstaltet das größte Volksfest im Stadtgebiet in der Region, was man der Getränkeumsatz belegt. Die Bürger nehmen das Schützenfest auch sehr gut an, getreu dem Motto: ´Die ganze Bürgerschaft soll es sein´. Davon lebt das Schützenfest und somit auch das Schützenwesen“.
Höxter-News: Warum träumt man(n) davon, König der Schützengilde zu werden?
Frank Wiesemann: „Als ´Vereinsmeier´, wie ich mich selbst bezeichne, bin ich von klein auf mit dem Schützenwesen groß geworden. Ich bin mit der Gilde groß geworden und war auch im Vorstand meiner vierten Kompanie tätig. Als Aspiranten für den Schuss auf die Königsscheibe gesucht wurde, habe ich mein Glück versucht. Allerdings bedurfte es auch eines kleinen Schubsers von meinem Bruders, selbst hab ich mich eher immer im Hintergund gesehen. In das Amt wird man nicht geboren, sondern man wächst mit der Zeit hinein und findet seinen eigenen Weg. Nach der Übertragung der Königswürde erhielt ich sehr viel Zuspruch von Seiten der Bevölkerung. Das hat mich bestärkt und mir auch sehr gut gefallen, ebenso wie die Unterstützung der Gilde, seit dem ich König bin.“
Höxter-News: An welche Erlebnisse im Thronjahr erinnert Du Dich besonders gern?
Frank Wiesemann: „Das Familienfoto mit meiner Frau und meinen beiden Töchtern im Königskranz nach der Inthronisierung. Eine ganz besonders schöne Erinnerung war der erste Besuch im Höxteraner Seniorenheim. Ich hatte zunächst Bedenken und fragte mich: Was sagt man da, wie verhält man sich, wie kommen wir bei den älteren Menschen an? Doch die Bedenken sind zum Glück sehr schnell verflogen. Das erste Treffen lief ´wie ein Länderspiel´. Wir haben gelacht, getanzt, erzählt und wir haben Fotos gemacht. Das hat einen so berührt und es hat allen so viel Freude gemacht. Ein Bewohner hatte bereits ein Foto mit sich und dem alten Königspaar Andreas Hirt und Katharina Micus stehen und wollte auch noch ein Foto mit uns haben, was er im Rahmen daneben stellen kann. Das war schon ein sehr schönes Erlebnis. Auch die Unterstützung der Familie ist einfach überragend. Was meine Frau Nadine über die Rolle als Kronprinzessin hinaus repräsentativ für die Schützengilde und mich geleistet hat, gehört ebenfalls zu den schönsten Erinnerungen als König.“
Höxter-News: Wie geht es weiter, was plant die Schützengilde als Nächstes? Was wird der Höhepunkt?
Thorsten Stein: Höhepunkt wird in diesem Jahr neben der Generalversammlung der Schützengilde das Sommerfest Ende August sein. Bis dahin sind Corona-bedingt keine Veranstaltungen in Planung. Insbesondere das Sommerfest soll ein großes Fest werden, wenn dies im August möglich sein wird. Natürlich wird das Jubiläumsjahr 2020 in 2022 nachgeholt werden mit zahlreichen Veranstaltungen, dessen Höhepunkt am ersten Juli-Wochenende das große Schützenfest sein wird.
Foto: Thomas Kube