Kreis Höxter (red). Mitte März fuhr der erste Ukraine-Hilfstransport des Christlichen Hilfsvereins Wismar e.V. mit 8 Fahrzeugen nach Tulcea (Rumänien). Tim Probsthain aus Höxter war sowohl bei den Vorbereitungen als auch an der Fahrt beteiligt. Er erzählt von den Erlebnissen an der Grenze:
Die Ukraine-Nothilfe des CHW lief bereits Ende Februar mit einem Spendenaufruf in der OSTSEE-ZEITUNG an. In den ersten Tagen gingen Spenden an unsere Partnerorganisation DHHN. Von 6. bis 8. März fuhren wir von Höxter aus erstmals mit zwei Bussen Richtung Ukraine; dabei sahen wir das Chaos und die Not an der Grenze und beschlossen eine weitere Fahrt, möglichst im größeren Stil. Die organisierten wir in den folgenden Tagen, zusammen mit Frieder Weinhold und verschiedenen ehrenamtlichen Helfern. Adalbert Ringwald stellte einen Kontakt nach Rumänien her, daher ging es diesmal nach Tulcea, wo viele Flüchtlinge aus Richtung Odessa über die ukrainisch-rumänische Grenze kommen.
Beladen des Hilfstransports in Wismar: Unterwegs nach Rumänien
Nach einem zweiten Spendenaufruf kamen in Wismar viele Sachspenden zusammen, mit denen wir am Samstag, 12.03. vier Fahrzeuge beluden: haltbare Lebensmittel, Medikamente, Medizinprodukte, Hygieneartikel, Decken, Matratzen, Schlafsäcke und vieles mehr – insgesamt 342 Kartons/Packstücke. Kurz nach Mittag konnten wir im Vereinshaus losfahren. Bei Magdeburg stieß Rainer Rose mit zwei Fahrzeugen aus Oschersleben sowie ein Fahrzeug aus Höxter dazu, in Ungarn später noch ein Fahrzeug aus Elzach – so waren wir mit insgesamt acht Fahrzeugen unterwegs.
Für die erste Übernachtung hatte Frieder ein christliches Freizeitheim im Erzgebirge organisiert, wo wir umsonst übernachten konnten. Dort kochten wir zusammen und genossen den gemeinsamen Abend. Am zweiten Tag fuhren wir knapp 1000 km durch Tschechien, Slowakei und Ungarn bis nach Arad, Rumänien; alle Grenzübertritte verliefen mehr oder weniger problemlos. Der dritte Tag war am anstrengsten: Für rund 860 km brauchten wir (fehlende Autobahnen, kurvige Bergstrecken) 11 Stunden reine Fahrzeit. Die letzten Konvoi-Teilnehmer kamen erst weit nach Mitternacht in Tulcea an. Kontakte vor Ort
Unser Hotel lag mitten in der Stadt und bot kaum Parkmöglichkeiten. Auf der Suche nach besseren Parkplätzen begegnete ich Alex: gebürtiger Rumäne, aufgewachsen in Italien und seit Jahren Gastronom am Chiemsee. Er empfahl mir “seinen” Parkplatz mit Security-Bewachung, wo er jeden Tag ukrainische Flüchtlinge mit Pizza versorgt. Dort konnten wir unsere Fahrzeuge und die Anhänger sicher abstellen. Das war schonmal ein echter Segen.
Es kam noch besser: Alex verfügt über gute Kontakte zur Stadtverwaltung und zu den Grenzbeamten am nahe gelegenen Grenzübergang Isaccea. Das hat uns enorm geholfen. Ohne lange Umwege brachten wir unsere Hilfsgüter zu einem Lager, das die Stadt Tulcea in Zusammenarbeit mit ukrainischen Behörden führt. Dort kommen Spenden aus ganz Europa an, werden in LKW umgeladen und gehen direkt an die richtigen Stellen in der Ukraine. Auch unsere Medizinprodukte und Medikamente wurden noch am gleichen Tag in die Ukraine gebracht. Leider hören wir immer wieder, dass Spenden zu Geld gemacht werden und nicht bei den tatsächlich Hilfsbedürftigen ankommen. Hier ist es anders, da die Hilfsgüter direkt von den ukrainischen Stellen verteilt werden. Das war der zweite Segen der Geschichte.
Entladen im Verteilzentrum Tulcea
Alex kennt aber auch die wichtigen Leute am Grenzübergang. Dort konnte ich mit der obersten Leitung der Polizei und der Einwanderungsbehörde sprechen. Normalerweise braucht man Akkreditierungen und Zertifikate für den Transport von geflüchteten Menschen, da inzwischen schon Menschenhändler an der Grenze aktiv sind. Wir hatten zwar ein Dokument des CHW, dass wir ehrenamtliche Mitarbeiter einer NGO sind, die zur Diakonie gehört; aber ob das reichen würde? Durch Alex’ Kontakte ging die Zulassung jedoch sehr schnell und unkompliziert. Es war echt der Hammer: Der oberste Kommandant machte unseren Transport zur Chefsache. Wir mussten uns um nichts kümmern; in kürzester Zeit wurde uns eine fertig registrierte Gruppe von 35 Leuten zur Abholung zugewiesen, meist Frauen mit ihren Kindern. Das ist der dritte Segen! Mission erfüllt
Inzwischen sind wir zurück in Deutschland. Alle 35 Ukrainer, die wir mitgebracht haben, sind bei Verwandten in Deutschland und der Schweiz untergekommen, so dass wir uns um keine Unterkünfte kümmern müssen. Am Samstag hat Rainer Rose die letzte Familie am gewünschten Ziel abgesetzt. Währenddessen laufen bereits die Vorbereitungen für den nächsten Einsatz, der am 31.03. in Wismar starten soll.
Fotos: Dietmar Schöer, Tim Probsthain