Höxter (red). Füttern, misten, Eier sortieren, Ware verpacken – auf einer Tour quer durch den ökologischen Landbau des Kreises Höxter packte Landrat Michael Stickeln kräftig mit an. In der ersten „Kulturlandpartie Bio-Höfe“ besuchte er sechs Direktvermarkter, die für die Route durch die Öko-Modellregion Kulturland Kreis Höxter ausgesucht wurden. Dabei informierte sich Stickeln auch über die aktuelle Lage im Bio-Sektor, die wie so vieles durch den Krieg in der Ukraine beeinträchtigt wird.
Etwa 100 landwirtschaftliche Betriebe wirtschaften im Kreis Höxter biologisch. Das bedeutet, sie produzieren ihre Erzeugnisse unter Einhaltung ganz bestimmter Kriterien. „Wir haben uns im Jahr 2021 um die Öko-Modellregion beworben und sind als erste Region in Nordrhein-Westfalen in den Prozess gestartet. Uns ist es sehr wichtig, die landwirtschaftlichen Unternehmen miteinzubinden. Deswegen möchten wir ein engmaschiges Netzwerk aufbauen“, beschreibt Landrat Stickeln den Hintergrund der Tagestour.
Organisiert hat das Programm Laura Jäger, die als Netzwerkmanagerin die Wertschöpfungsketten im Ökolandbau im Kreis Höxter voranbringen möchte: „Die sechs Höfe bilden exemplarisch verschiedene Produktgruppen und Anbauverbände ab. Allen gemeinsam ist die Ausrichtung auf die Direktvermarktung“, beschreibt sie die Auswahl der Betriebe.
Die Kulturlandpartie startete auf dem Wildhäuser Hof von Anna-Sophie Meyer-Fehring in Brakel-Modexen. Hier standen das Sortieren und Verpacken von Bio-Eiern für den Landrat auf dem Programm. Täglich sind es bis zu 5.500 Stück, die den Hof in Richtung Lebensmitteleinzelhandel verlassen. Aufgrund der, mit dem Krieg in der Ukraine verbundenen Preisentwicklung in der Landwirtschaft sind aber nur die Hälfte der sonst 6.000 Legehennen auf dem Betrieb. „Die Leute sparen. Wir haben mit dem Neubesatz der Stallhälfte noch warten können und so eine Überproduktion vermieden“, beschreibt Anna-Sophie Meyer-Fehring die angespannte Lage.
Weiter ging es nach Tietelsen. Dort führt Familie Waldeyer einen Demeter-Betrieb mit 70 Milchkühen. Die Besonderheit des Milchviehbetriebes ist die muttergebundene Aufzucht. Jedes Kalb bleibt während der Milchzeit bei seiner Mutter. Das wirkt sich vermindernd auf die Menge der Milch aus, die den Hof in Richtung Bio-Molkerei verlässt, stärkt aber das Tierwohl. Der einzige Weg, der für Familie Waldeyer bei der Tierhaltung in Frage kommt. Mit Kuhpatenschaften, einem kleinen Hofladen mit Käse, Fleisch und Frischmilch sowie dem Vertrag mit der Bio-Molkerei wirtschaftet der Hof. Die Produkte können auch online bestellt werden.
Auch bei Familie Nübel, ein paar Kilometer weiter auf dem Busstollen bei Dalhausen, dreht sich alles um das Tierwohl. Seit 2017 wird der Hof biologisch bewirtschaftet. Unter dem Slogan „Heimatgenuss“ arbeiten Lisa und Gabriel Nübel im Sinne ihrer Rinder und des regionalen Gedankens. „Von unseren Urlaubsreisen nach Süddeutschland, Österreich und Südtirol haben wir diese Verbundenheit und Natürlichkeit im Umgang mit Region und Heimat mitgebracht“; berichtet Gabriel Nübel. Der Landrat unterstützte mit dem Radlader bei der Stroh-Einstreu und der Fütterung. Im Hofladen, der auch mit Aufenthaltsqualität und einem tollen Ausblick punktet, werden nicht nur die eigenen Fleisch-Produkte, sondern auch andere regionale Spezialitäten angeboten.
Schweine füttern und den beliebten Verkaufswagen der „BioBauern“ bestücken – diese Aufgaben standen auf dem Bioland-Hof der Familie Hartmann in Haarbrück auf der Liste. Mit dem Verkaufswagen sind die BioBauern seit langem auf vielen Wochenmärkten der Region unterwegs und vermarkten Bio-Produkte, darunter auch die vielfältigen Käsesorten aus der Hofkäserei Jacobi in Körbecke. Natürlich sind auch Produkte der 120 Schweine, die in einem Außenklima-Offenfrontstall in Haarbrück leben, wesentlicher Bestandteil des Angebotes.
Der Obsthof Hegge ist der jüngste Unternehmenszweig des Biolandhof Engemann und dem Obstbauer Dirk Herdiekerhoff. Der Demeter-Obstbau Betrieb erzeugt auf der Hegge rote und schwarze Johannisbeeren, Sauerkirschen und Zwetschgen. Nicht ganz einfach, da die Region klimatisch keine ideale Obstregion ist und die Bio-Richtlinien viele konventionelle Hilfsmittel ausschließen. Trotzdem ist der mühsamere Weg für Mitgesellschafter Dirk Herdiekerhoff die einzige Art, seine Produkte mit gutem Gewissen anzubauen und verkaufen zu können. Dafür schaut er genau hin, kennt seine Pflanzen, Nützlinge und Schädlinge genau. Michael Stickeln überzeugte sich von der Qualität der Früchte beim Pflücken: „Ich bin über mich selbst erstaunt. So gut haben mir die schwarzen Johannisbeeren sonst nie geschmeckt.“ Die Früchte werden zu Marmeladen und Säften verarbeitet, die über den regionalen Handel und den Bio-Fachhandel vermarktet werden.
Letzter Stopp auf der Bio-Kulturlandpartie war der Finnenberghof in Nörde. Als eine der Bio-Pioniere begannen Erwin Hartmann und Christine Pohlmann bereits 1984 damit, biologisch erzeugte Nahrungsmittel anzubauen und zusammenzutragen, um sie für individuelle Abo-Kisten an die Kundschaft zu verteilen. Wie anspruchsvoll das Ernten der Gemüse und das Packen der vielen individuellen Abo-Kisten ist, hat Landrat Michael Stickeln hier selbst erfahren können. Gemüseanbau und Landwirtschaft liegen seit Anfang des Jahres in den Händen der Familie Senge aus Brilon-Madfeld, die vor Energie und neuen Ideen für den Betrieb sprudeln. „Ich fand es immer wichtig, das Dinge möglichst lange genutzt werden. Und mit der Nachfolge wird jetzt auch der Hof in unserem Sinne weiter genutzt und mit neuen Ideen weiterbetrieben“, freute sich der Bio-Pionier Hartmann.
Foto: Irina Jansen