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Freitag, 01. November 2024 Mediadaten
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Beverungen/Würgassen (red). Diese Frage wurde auch auf der Jahreshauptversammlung der Bürgerinitiative „Atomfreies 3-Ländereck e.V.“ am 18. August im Lauenförder Kulturzentrum mit großem Interesse diskutiert. Auslöser war eine von den regionalen Bundes- und Landesparlamentsvertretern initiierte Pressemitteilung, dass die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) in Würgassen offiziell ein Zwischenlager errichten will. Dies ist insofern überraschend, da die BGZ in der Begrüßungsbroschüre vor mehr als zwei Jahren das „Logistikzentrum Konrad“ als neuen Nachbarn der Bevölkerung vorstellte. Aber spielt der Name tatsächlich eine Rolle und warum erhitzen sich daran die Gemüter?

Diese Frage kann beantwortet werden, indem man sich näher mit der Namensgebung Logistikzentrum Konrad (LoK) beschäftigt. Die BGZ selbst weist ihrem LoK die Funktion zu, dass es sich „im Prinzip“ um ein Zwischenlager handelt. Was verbirgt sich aber hinter dieser geschickt gewählten, relativierenden Umschreibung „im Prinzip“? Es umfasst zum einen ein Zwischenlager für endlagerfähig verpackten Atommüll, welches in seiner aktuell geplanten Größe immerhin 1/5 der Kapazität des Endlagers Konrad ausmacht. Zum anderen ein Bereitstellungslager, welches vom Gesetzgeber als Punkt des Verantwortungsübergans vom Abfallverursacher an den Staat definiert wurde. Diese Bereitstellungslagerung soll zukünftig nicht mehr dezentral an den derzeitigen Standorten erfolgen, sondern zentral. Es entstehen also funktionell zwei Lager: ein Zwischenlager und ein zentrales Bereitstellungslager, welchen man dann den verharmlosenden Namen „Logistikzentrum Konrad“ gab. Damit wurde ein neuer Lagertyp kreiert, welcher die Gefahren und Risiken der über das Bundesgebiet verteilten Bereitstellungslagerung auf einen Standort konzentriert. Die Errichtung eines Zwischenlagers unterliegt den Vorgaben des Strahlenschutzgesetzes. Darüber hinaus gibt es das Atomrecht, welches bei Endlagerstätten angewandt wird. Das Atomrecht fordert deutlich höhere Sicherheitskriterien ein, als dies im Strahlenschutzgesetz geregelt ist.

Am 29. Juli veröffentlichte die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), eine Schwestergesellschaft der BGZ, eine Pressemitteilung. Darin gab sie den Bau der Umladehalle für radioaktive Abfälle mit angeschlossener Pufferhalle am Endlager Konrad bekannt. Die Funktion dieser Hallen besteht darin, dass der Atommüll, welcher auf Abruf angeliefert wird, für die Endlagerung entgegengenommen, geprüft und bis zur Zuführung unter Tage kurzzeitig im Pufferlager abgestellt wird. Im Unterschied zum in Würgassen geplanten LoK wird bei der Errichtung dieser neuen Halle am Schacht Konrad das Atomrecht angewandt, obwohl gleichartige Tätigkeiten mit denselben Abfällen verrichtet werden sollen. Dabei ist das Lagervolumen des LoK 100fach größer, als das des Pufferlagers in Salzgitter. Darüber hinaus sollen Funktionen, welche ursprünglich bei einer dezentralen Anlieferung am Endlager Konrad geplant waren, vom LoK übernommen werden.

Hier stellen sich zwei Fragen:

1. Weshalb unterliegen die beiden Lager in Salzgitter und Würgassen nicht derselben Gesetzgebung, und zwar einheitlich dem strengen Atomrecht, da gleichartige Tätigkeiten verrichtet werden?

2. Wird das LoK funktionaler Bestandteil des Endlagers Konrad, da in Würgassen Tätigkeiten übernommen werden, die ursprünglich in Salzgitter vorgesehen waren?

Diese Fragen der gesetzlichen Ungleichbehandlung der beiden Standorte wollte sich das Mitglied des deutschen Bundestages, Christian Haase, im Rahmen einer Anfrage an das Bundesumweltministerium (BMUV) erklären lassen.

Die Antwort durch das BMUV war, das nur die Anforderungen des Strahlenschutzgesetz Anwendung finden, da Einrichtungen wie das LoK sich nicht von einem Zwischenlager unterscheiden. Dies kann aber nach Ansicht der Bürgerinitiative Atomfreies 3-Ländereck e.V. aus den zuvor geschilderten Gründen so nicht eingeordnet werden, da das LoK eben nur „im Prinzip“ ein Zwischenlager ist. Vielmehr handelt es sich hier um einen Aspekt neben vielen weiteren offenen Fragen, welche in Zukunft auch die Gerichte beschäftigen könnten. „Wir hoffen, dass es nicht zu gerichtlichen Verfahren kommen wird und das BMUV insbesondere nach dem für die BGZ ungünstig ausgefallen Logistikgutachten der Länder NI und NRW die Planungen für das Logistikzentrum Konrad einstellt. Bis es so weit ist bleibt uns leider nichts anderes übrig, als derartige Szenarien gemeinsam mit unserem Rechtsbeistand vorzubereiten“, so der erste Vorsitzende des Vereins Dirk Wilhelm. Dass dieses finanziert werden muss, wurde auf der Jahreshauptversammlung den Teilnehmern dargestellt. Die Zuwächse an Neumitgliedern und Spenden sind zwar respektabel, dennoch benötige man perspektivisch noch deutlichere Unterstützung. Für Interessierte wird der Bericht der Jahreshauptversammlung auf der Internetseite des Vereins veröffentlicht.

Hintergrund: Die BGZ möchte ab 2023 durch den Bau einer 325mx125m großen Halle (das entspricht der Größe von drei Fußballstadien) die vorwiegend touristisch geprägte Weserberglandregion zur bundesweit einzigen Atommülldrehscheibe aller schwach- und mittelradioaktiven Abfälle Deutschlands machen. Ab 2027 sollen nach dem Willen des BMU und der BGZ über 300.000m³ Atomschrott für 30 Jahre zur Belieferung des Endlagers Konrad bei Salzgitter am Standort Würgassen, fernab überregionaler Verkehrsanbindungen, umgeschlagen werden. Die Standortentscheidung erfolgte unter Ausschluss der Öffentlichkeit und unter vielfacher Missachtung der Vorgaben der Entsorgungskommission des Bundes. Sowohl die zu erwartenden Betriebskosten, als auch Kriterien der optimalen Transportsicherheit und des Strahlenschutzes fanden bei der Standortauswahl keinerlei Berücksichtigung. Ein durch den TÜV Nord ausgearbeitetes Gutachten im Auftrag der Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen bescheinigt, dass eine solche Einrichtung für die Belieferung des Endlagers nicht notwendig ist, keinen signifikanten Zeitvorteil bei der Endlagerung erbringt und der Betrieb mit einer höheren Strahlenbelastung für Personal und Anwohner, sowie höheren Unfallrisiken einhergehen würde. Die Bürgerinitiative Atomfreies 3-Ländereck e.V. stellt sich dem Vorhaben des BMUV und der BGZ entgegen und setzt sich für eine bestmögliche, sichere, ökologisch verträgliche und zugleich kosteneffiziente Entsorgung der atomaren Hinterlassenschaften, vor allem der vier Energiekonzerne Deutschlands als Hauptverursacher, ein.

Weitere Informationen unter: www.atomfreies-dle.de

Fotos: Bürgerinitiative „Atomfreies 3-Ländereck e.V./Internetseite der BGE

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