NRW (red). Lange sah es so aus, als würde das Wetter der Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen nach drei Trockenjahren in diesem Jahr endlich wieder eine überdurchschnittliche Getreideernte bescheren. Die jetzt an den Bund gemeldeten Daten der vorläufigen Ergebnisse zur Erntebilanz 2021 haben diese Erwartungen allerdings nicht erfüllen können. Mit einem vorläufigen Ertrag von 7,43 Tonnen je Hektar und einer Gesamterntemenge von 3,67 Millionen Tonnen liegt die Getreideernte in Nordrhein-Westfalen um 1,6 Prozent (Hektarertrag) bzw. 0,9 Prozent (Gesamtmenge) unter den Ergebnissen des Vorjahres und 2,5 Prozent beziehungsweise 4,2 Prozent unter dem mehrjährigen Durchschnitt (2015-2020).
Zu geringe Sonneneinstrahlung und abwechselnd zu hohe (Juni) und zu niedrige Temperaturen (Juli) während der entscheidenden Phase der Kornfüllung haben das Wachstum gebremst. Dies schlägt sich in schwachen äußeren Qualitäten (kleine und leichte Körner) nieder, wohingegen die inneren Qualitäten (zum Beisiel Backeigenschaften des Brotgetreides) nach bisheriger Einschätzung zufriedenstellend sind. Das Juli-Hochwasser hat auch zahlreiche Betriebe der Landwirtschaft hart getroffen. Die Ernteeinbußen durch die Starkregen-Ereignisse haben die Gesamterntebilanz jedoch nicht maßgeblich beeinflusst.
Nach einem warmen und sonnigen Herbst mit ausreichend Niederschlag hatten sich die Wintergetreidebestände gut entwickelt. Der insgesamt zu warme Winter brachte dann erstmals im Februar 2021 wieder landesweit zum Teil ergiebigen Schneefall, der die jungen Pflanzen auf den Feldern vor den wenigen starken Frösten um den 13. Februar schützte, so dass es nur vereinzelt zu Auswinterungsschäden kam. Das deutlich zu kühle Frühjahr bremste das Pflanzenwachstum, allerdings fiel im Vergleich zu den Vorjahren ausreichend Regen nur knapp unter dem mehrjährigen Mittel.
Nach dem sehr warmen Juni versprachen die Getreidebestände optisch in weiten Landesteilen beste Erträge, was sich - bedingt durch den kühlen und nassen Juli - dann leider häufig nicht einstellte. Die Getreideernte zog sich erstmals seit Jahren wieder über einen langen Zeitraum hin und war durch Lagergetreide und nicht vollständig abgereiftes Stroh für die Mähdrescher auch technisch anspruchsvoll.
Bei der in Nordrhein-Westfalen wichtigsten Brotgetreideart, dem Weizen, lagen die Erträge um 8,2 Prozent unter denen des Vorjahres und 4,0 Prozent unter dem mehrjährigen Mittel. Die Wintergerste als wichtigste Futtergetreideart konnte von ihrer früheren Abreife und den dort vorherrschenden, etwas besseren Witterungsbedingungen profitieren und lag um 4,3 Prozent über dem Vorjahresergebnis bzw. 1,1 Prozent unter dem mehrjährigen Mittel.
Von der kühl-feuchten Frühjahrswitterung profitierte vor allem das Grünland mit gutem Massenwachstum. Ausbleibende Trockenphasen sorgten dafür, dass das Wachstum der Gräser auch im Sommer kaum unterbrochen wurde, so dass der zweite und dritte Schnitt für Grassilage häufig zügig aufeinander folgen konnten. Die in den Vorjahren trockenheitsbedingt in vielen viehhaltenden Betrieben aufgebrauchten Futterreserven konnten endlich wieder aufgefüllt werden. Hinzu kommt, dass das sehr üppige Wachstum des Mais mit enormen Wuchshöhen derzeit eine reiche Ernte an Silomais verspricht.
Noch unsicher sind die Aussichten für die diesjährige Ernte später Kartoffeln und Verarbeitungskartoffeln für Pommes frites und Chips. Die gute Bodenfeuchte bietet Potenzial für eine gute Ernte, allerdings auch Risiken für die Haltbarkeit der Kartoffeln im Lager. Die häufigen Niederschläge haben zudem zu einem starken Befallsdruck mit Pilzkrankheiten geführt. Nach den im Vorjahr Corona-bedingten Einbrüchen am Kartoffelmarkt schauen die Anbauer in diesem Jahr nach Öffnung der Gastronomie aber wieder optimistisch auf die Saison.