Höxter (TKu). Es geht um Teilhabe, Ermutigung und darum, Hilfestellung auf Augenhöhe als „Experte aus Erfahrung“ zu geben bei dem Modellprojekt „rehapro BEA“ im Kreis Höxter. “Das Projekt wurde ins Leben gerufen, um den Menschen gerecht zu werden, um Ängste abzubauen und um neuen Mut aufzubauen, damit der Mensch wieder zu dem wird, der er vorher einmal gewesen ist“ so Prozessmanagerin Evelyn Thies vom Jobcenter aus Warburg. „Für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Abhängigkeitserkrankungen ist der Vermittlungsprozess in Arbeit oftmals schwierig“, sagt Thomas Stock, Projektverantwortlicher im Jobcenter Kreis Höxter. „Auch, wenn die betroffenen Teilnehmer:innen grundsätzlich bereit sind, ihre gesundheitliche Situation zu verbessern, kann es schnell zu einer Überforderung und auch zu Ängsten kommen.“ Eine überwiegend arbeitsmarktorientierte Unterstützung dieses Prozesses allein durch die Arbeitsvermittler:innen des Jobcenters reiche häufig nicht aus bzw. werde dem nicht gerecht. Die Beteiligten des Projektes ziehen dabei an einem Strang: Da sind die erkrankten Teilnehmer:innen und die BEA-Begleiter als Experte aus Erfahrung, die eine solche Erkrankung erfolgreich überwunden haben. Und die Prozessmanagerinnen, die auf Seiten des Jobcenters unterstützen.
Es wurden geschulte „BEA-Begleiter“ ins Leben gerufen, die sich der Teilnehmenden annehmen. Im Kreis Höxter sind das u.a. Dirk Strote (BEA-Begleiter aus Höxter) und Gerlinde Dierkes (BEA-Begleiterin aus Höxter). „Dasein – Zuhören – Begleiten“ seien laut Dirk Strote der Schlüssel zu den Menschen. Sie sollen jemand an der Seite haben, dem sie vertrauen und der sich um sie kümmere. Es gehe oftmals nur um ganz banale Dinge, bei dem die Leistungsbezieher Hilfestellung benötigten, erklärt Dirk Strote. Es gehe um Teilhabe am Leben, um den Aufbau eines neuen Selbstbewusstseins und erst in zweiter Linie darum, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß fassen zu können. Dazu müsse Vertrauen aufgebaut werden „auf Augenhöhe“, um Druck auf die Teilnehmenden zu vermeiden, wie das Team vom Jobcenter und die externen Begleiter betonen. Das könne Wochen bis Monate dauern, sei aber am Ende vielleicht auch von Erfolg gekrönt, erklärt Prozessmanagerin Evelyn Thies vom Jobcenter in Warburg. In Höxter übt Marion Todt-Fabritz die Funktion für den Nordkreis aus. Bei dem Projekt wird auf die Teilnehmenden eingegangen, sie könnten jederzeit und ohne Nennung von Gründen aus diesem Projekt wieder aussteigen, so Thies. Strote und Dierkes sind gleichzeitig Leiter von Selbsthilfegruppen für Sucht in Beverungen und Höxter. Sie arbeiten eng mit dem Jobcenter und den Teilnehmenden zusammen auf Vertrauensbasis. Dabei ist klar: An das Jobcenter werde nur weiter gegeben, was die Teilnehmenden selbst auch möchten.
Um die Tätigkeit als externe Begleitperson auszuüben, müsse man selbst ähnliche Erfahrungen im Leben gemacht haben, erklärt Gerlinde Dierkes, die gemeinsam mit Dirk Strote auch als Sprecher der 70 Selbsthilfegruppen im Kreis Höxter fungiert. Dies können z.B. Selbsterfahrene als „Experten aus Erfahrung“ sein, d.h. Menschen, die selbst eine psychische oder Suchterkrankung erfolgreich überwunden haben, oder Personen aus Selbsthilfegruppen oder Betroffenenverbänden. „Wir wollen die gesundheitliche Stabilisierung unterstützen und damit auch die Erwerbsfähigkeit wiederherstellen“, sagt Thomas Stock. Dafür sei es wichtig, sich an der Lebenswelt der Teilnehmenden zu orientieren und geeignete Hilfsangebote, wie z.B. ärztlich-therapeutische Netzwerke, aber auch andere individuelle Hilfesysteme, zu vermitteln. Wichtig ist: „Gesund werden“ erfolgt bei jedem Menschen auf ganz individuelle Weise. Kreisweit können am Modellprojekt pro Jahr 26 Leistungsbezieher des Jobcenters teilnehmen. Sieben engagierte BEA-Begleitpersonen sind bereits in ihre Aufgabe gestartet, weitere zehn bis 12 Interessierte werden noch gesucht. Alle BEA-Begleitungen werden für ihre Aufgabe in fünftägigen Lehrgängen qualifiziert, eine besondere berufliche Vorqualifikation sei dafür nicht notwendig, weiß Thomas Stock zu berichten. „Für uns zählt die Kompetenz, auf Menschen zuzugehen und sie in ihrer Lebenssituation wertschätzend anzunehmen“, sagt Stock. „Das Ziel in der Arbeitsvermittlung ist die arbeitsmarktorientierte Beratung und die Vermittlung in ein existenzsicherndes Beschäftigungsverhältnis. Trotz vielfältiger Unterstützer in den gesundheitlichen und sozialen Bereichen gelingt eine Vermittlung dieser Zielgruppe nur in Ausnahmefällen“, sagt Sigrid Wichmann, Geschäftsführerin im Jobcenter Kreis Höxter. „Im Zusammenspiel zwischen den Teilnehmenden, BEA-Begleitungen und uns als Prozessmanagerinnen des Jobcenters soll Hilfe angeboten werden, die auf die jeweiligen Bedürfnisse und Wünsche der Erkrankten zugeschnitten ist“, ergänzt Prozessmanagerin Evelyn Thies. Pro Teilnehmenden stehe ein Individuelles Budget für notwendige Bedarfe zur Verfügung, die anders nicht gewährt werden können.
Um das Projekt auszubauen, das wissenschaftlich begleitet wird, werden weitere BEA-Begleiter, Netzwerkpartner:innen und Teilnehmende gesucht. Wer Interesse hat, dieses Projekt als BEA-Begleitung zu unterstützen, kann sich an Marion Todt-Fabritz (Tel.: 05271/6995-123) oder Evelyn Thies (Tel.: 05641/7489-212) oder per E-Mail
Foto: Thomas Kube