Beverungen (red). In vielen Branchen herrscht Fachkräftemangel. Um für Nachwuchs zu sorgen, muss sich das Gewerbe was einfallen lassen. In der Sekundarschule Beverungen fand Mitte Dezember die zweite Vorstellungsrunde statt. Für das Gewerbe wie auch für die Schülerinnen eine Win-Win-Situation.
Judith Hüsken ist Abteilungsleiterin für die Jahrgänge 8 bis 10 und Koordinatorin für den Arbeitskreis „Übergang Schule Beruf“ an der Sekundarschule in Beverungen.
Der Arbeitskreis hat sich auf die Fahne geschrieben trotz Corona ausgewählte Betriebe der Region rund um das Dreiländereck in die Schule einzuladen und nach Möglichkeit neue und alte Kooperationen aufleben zu lassen. Symbiosen schaffen und das Beste für unsere Schülerinnen und Schüler herausholen, um einen guten Start für die Ausbildung zu gewährleisten, das wollen nicht nur die Lehrkräfte im Multiprofessionellen Team der Sekundarschule. Hier greifen viele Professionen ineinander. Fachlehrer, Sozialarbeiter, Berufsberatung und Reha-Berater der Agentur für Arbeit, Integrationsfachdienst, Förderschullehrer und nicht zuletzt die Firmen, Handwerks- und Industriebetriebe wollen unsere Schüler für eine Duale Ausbildung begeistern.
Nicht jeder Karriereweg in unserem Team verlief hier gerade und doch auch dies bereichert und stützt die Erfahrungsvielfalt, die sich in Beverungen bündelt.
Ein Sozialarbeiter mit dem Schwerpunkt Übergang Schule Beruf kommt direkt aus der Projektarbeit mit Menschen mit Beeinträchtigung und hat zuvor in der Industrie gearbeitet und dort seinen Abschluss als Kaufmann vor der IHK absolviert.
„So habe jeder ein Menge Erfahrungen gesammelt“, sagte Frau Hüsken im Gespräch mit der Ausbildungsleitung der Firma Krebs & Riedel, Frau Massolle.
Erfahrungen, die uns heute als Sekundarschullehrer*innen fachlich weiterhelfen. Aber auch Erfahrungen, die uns zeigen, wo es beruflich hingehen kann.
Vieles habe den Kolleginnen und Kollegen Spaß gemacht, anderes weniger, manches sei rein körperlich kaum durchzuhalten gewesen. Leider, so die Pädagogin, gingen solche Werte vielen Schülerinnen und Schülern oftmals ab. „Sie trauen sich immer weniger auf Firmen zuzugehen und vielleicht einfach mal nach einem Praktikumsplatz zu fragen“, berichtet Hüsken.
Dies bestätigte auch Jana Massolle als Personalreferentin des Hauptsitzes der Schleifscheibenfabrik aus Bad Karlshafen: „Das stellt die Unternehmen vor Probleme. Denn wenn es zusätzlich zur Demografie, die die Zahl der Bewerber sinken lässt, immer seltener überhaupt Kontakt zwischen Betrieben und potenziellen Azubis gibt, gehen Talente verloren.“
Wie dem entgegengewirkt werden kann, dafür gab der Schleifscheibenhersteller am Donnerstag an der Sekundarschule im Dreiländereck ein Beispiel.
Mit drei Auszubildenden, vielerlei Anschauungsmaterial, einem Film und jeder Menge Informationen war das Familienunternehmen aus Bad Karlshafen direkt in die Klassenräume der Jahrgangstufen 9 und 10 gekommen. Mit einer umfassenden Präsentation, die die Azubis unseren Schülern darboten, stellte sich KREBS & RIEDEL den Schülerinnen und Schülern vor und informierte über Ausbildungsmöglichkeiten im Betrieb.
Noch gibt es genug Bewerber“, sagt Lea Klang, die selbst mitten im zweiten Lehrjahr ihrer Ausbildung zum Industriekaufmann bei KREBS & RIEDEL steckt und gemeinsam mit John Daniel (Zerspanungsme-chaniker) und Maximilian Rahe (Industriekeramiker) an der Sekundarschule vor Ort war.
„Weil das Unternehmen aber wachse, die Zahl der Ausbildungsstellen für 2022 noch nicht alle besetzt seien, sei es aber wichtig, aufzuzeigen, welche Möglichkeiten es nach der Schule gibt“, so Massolle.
Und das taten die drei KREBS & RIEDEL-Azubis jugendgerecht. Mitgebracht hatten sie unter anderem ihre Werkstücke aus der Metall-bauwerkstatt und eine Vielzahl von Materialien die für die Herstellung von Schleifscheiben Verwendung finden. So manch einer war erstaunt, welch vielseitige Arbeitsschritte für die Produktion einer Präzisionsschleifscheibe notwendig sind. So konnten die Schülerinnen und Schüler nicht nur etwas über die Ausbildungsschwerpunkte und Einstellungsanforderungen erfahren, sondern auch etwas über die Technik lernen.
Der Filmbetrag ermöglichte den potenziellen Bewerbern zudem einen Einblick in die Arbeitsvorbereitung, die Produktion, die kaufmännische Abteilung und den Versand von KREBS & RIEDEL.
Und natürlich berichteten auch Lea Klang, John Daniel und Maximilian Rahe von den Möglichkeiten und den kleinen Boni bei ihrem Arbeitgeber - und das auf Augenhöhe zu den Schülerinnen und Schülern. Bei denen kam die Firmenvorstellung von KREBS & RIEDEL gut an.
„Viele Schüler sind zurückhaltend und informieren sich deshalb von sich aus wenig. Wenn aber das Unternehmen an die Schule kommt, kann man sich ein gutes Bild machen“, freute sich der 15 Jahre alte Maurice über den Besuch aus der Wirtschaft.
Das taten auch Lehrerin Judith Hüsken und Sozialarbeiter Hubertus Nahen. Schließlich hätten beide Seiten etwas von einer solchen Aktion: Die Schüler erhielten Informationen, und die Unternehmen könnten sich bei jungen Menschen bekannt machen und so um Talente werben.
„Mehr Engagement der Eltern wäre manchmal wünschenswert, gerade, wenn es um die berufliche Zukunft ihrer Kinder gehe. Früher wurden die Kinder etwa von ihren Eltern mal einen Tag mit zur Arbeit genommen. Das finde heute so gut wie gar nicht mehr statt“, betonte Massolle. In Zeiten von Corona sei es oftmals gar nicht möglich gewesen. Doch wer zu Hause keine solche Unterstützung erfahre, tue sich schwer bei der Berufswahl. Umso erfreulicher sei es das Schulen und Betriebe gemeinsam ihre Türen öffnen um für alle ein WIN-WIN zu schaffen.
Foto: Sekundarschule